Chronische myelomonozytäre Leukämie (CMML)

Dipl.-Ing. (FH) Tanja Hinrichsen

Wissenschaftlicher Hintergrund

Die chronische myelomonozytäre Leukämie (CMML) ist eine klonale hämatopoetische Neoplasie mit überlappenden Eigenschaften der myeloproliferativen Neoplasien und der myelodysplastischen Syndrome. Daher ist die CMML auch klinisch, morphologisch und hämatologisch sehr heterogen mit einer insgesamt ungünstigen Prognose und 15-30% Risiko einer AML-Transformation. Die Diagnose einer CMML erfordert eine persistierende absolute Monozytose von >=0,5x109/L im peripheren Blut sowie einen Monozytenanteil von ≥10% der Leukozytenzahl. Liegt die absolute Monozytose zwischen >=0,5x109/L und >1x109/L, wird für die Diagnose die Detektion einer oder mehrerer zytogenetischer oder molekulargenetischer Veränderungen und eine Dysplasie in mindestens einer Linie benötigt. Generell können Blasten und Promonozyten anwesend sein, die jedoch <20% im Blut und Knochenmark betragen. Aufgrund der Blastenzahl kann in CMML-1 (<5% im peripheren Blut und <10% im Knochenmark) und CMML-2 (5-19% im peripheren Blut und 10-19% im Knochenmark) gruppiert werden. Zudem können zwei Subtypen der CMML mit spezifischen klinischen und genetischen Eigenschaften auf Basis der Leukozytenzahl (WBC) unterschieden werden: myelodysplastische CMML (MD-CMML) mit WBC <13x109/L und myeloproliferative CMML (MP-CMML) mit WBC >=13x109/L .

Diagnostische Kriterien bei CMML
Voraussetzende Kriterien
1. persisitierende abolute (>=0,5x109/L) und relative (>= 10%) Monozytose im peripheren Blut
2. Blastenanteil <20% der Zellen im peripheren Blut und Knochenmark (beinhaltet Myeloblasten, Monoblasten, Promonozyten)
3. Kein Hinweis auf CML oder andere myeloproliferative Neoplasie
4. Kein Hinweis auf myeloische/lymphatische Neoplasie mit Tyrosinkinasefusion (vor allem bei Eosinophilie)
Unterstützende Kriterien
1. Dysplasie in >=1 myeloischer Zellreihe (in >=10% Zellen der hämatopoetischen Llinie im Knochenmark)
2. erworbene klonale zytogenetische oder molekulargenetische Veränderung
3. anormale Partitionierung von Untergruppen der Mpnozyten im peripheren Blut
Voraussetzungen für Diagnose
- voraussetzende Kriterien müssen in allen Fällen vorhanden sein
- wenn Monozytose >=1x109/L: ein oder mehrere unterstützende Kriterien müssen erfüllt sein
- wenn Monozytose >=0,5x109/L: unterstützende Kriterien 1 und 2 müssen erfüllt sein
Kriterien zur Subtypisierung
- Myelodysplastische CMML (MD-CMML): WBC <13x109/L
- Myeloproliferative CMML (MP-CMML): WBC >=13x109/L
Kriterien zur Subgruppierung (basierend auf Prozentsatz der Blasten und Promonozyten)
- CMML-1: <5% im peripheren Blut und <10% im Knochenmark
- CMML-2: 5-19% im peripheren Blut und 10-19% im Knochenmark

 

Zytogenetische Veränderungen findet man in 20-40% der CMML-Patienten, wobei jedoch keine spezifisch für eine CMML ist. Die häufigsten sind +8, -Y, +7/del7q, +21, del20q und der(3q). Anhand des zytogenetischen Ergebnisses lassen sich drei Risikogruppen definieren:

  • Hoch (Chromosom 7-Veränderungen, komplexer und monosomaler Karyotyp),
  • Intermediär (alle Veränderungen, die nicht hoch- oder niedrig-Risiko sind),
  • Niedrig (diploid, -Y allein, der(3q) allein).

Neben den o.g. zytogenetischen Veränderungen findet man in >90% der CMML-Patienten molekulargenetische Veränderungen. Die häufigsten Varianten sind dabei in TET2 (ca. 60%), SRSF2 (ca. 50%), ASXL1 (ca. 40%), RUNX1 (15%), NRAS (ca. 11%) und CBL (10%). Dabei scheinen Varianten in TET2 und SRSF2 stark mit der Diagnose einer CMML assoziiert zu sein. TET2-Varianten haben keinen unabhängigen prognostischen Einfluss auf das Gesamtüberleben oder das Leukämie-freie Überleben. Bei jüngeren CMML-Patienten (<65 Jahre) und in Abwesenheit einer ASXL1-Variante sind sie jedoch mit einem Ansprechen auf 5-Azacitidin und Decitabin assoziiert. Varianten in SRSF2 sind mit einem erhöhten Alter, weniger ausgeprägter Anämie und einem diploiden Karyotyp beschrieben und haben ebenfalls keinen unabhängigen prognostischen Einfluß auf Gesamt- und Leukämie-freies Überleben. Varianten in ASXL1 hingegen stellen einen unabhängigen ungünstigen Prognosefaktor das Gesamtüberleben betreffend dar. Aktivierende Varianten im RAS-Signalweg (KRAS/NRAS, CBL und PTPN11) sind häufig mit MP-CMML und einem ungünstigen klinischen Verlauf, auch in Bezug auf eine allogene Stammzelltransplantation, assoziiert. Patienten mit Varianten in RUNX1 oder CBL scheinen ein erhöhtes Risiko einer AML-Transformation zu haben. Weitere Varianten finden sich in SF3B1 (ca. 10%), vor allem bei CMML-Patienten mit Ringsideroblasten, U2AF1 (ca.10%), JAK2 V617F (ca. 10-15%), SETBP1 (ca. 10%) und EZH2 (ca. 5%).

Der CMML-spezifische Prognosescore (CPSS) beinhaltet vier Variablen, die einen unabhängigen prognostischen Einfluss auf das Gesamtüberleben und eine AML-Evolution haben. Der CPSS wurde um molekulargenetische Varianten zum CPSS-Mol erweitert und ist wie folgt anzuwenden:

Tabelle: Genetischer Risikoscore nach Elena et al. 2016


Der genetische Risikoscore ist dann folgendermaßen definiert: niedrig (0 Scores), intermediär-I (1 Score), intermediär-II (2 Scores), hoch (≥3 Scores) und fließt in die CPSS-Mol Risikogruppe ein. 

Tabelle: Variablen und Scores, die dem CPSS-Mol zugrunde liegen nach Elena et al. 2016


Die Risiko-Einteilung ist dann wie folgt: niedrig 0 Scores, intermediär-I 1 Score, intermediär-II 2-3 Scores, hoch ≥4 Scores.

Literatur

Khoury et al. 2022, Leukemia, 36:1703 / Swerdlow, Campo, Harris, Jaffe, Pileri, Stein, Thiele (Eds), 2017, WHO Classification of Tumours of Haematopoietic and Lymphoid Tissues (Revised 4th edition), Chapter 5:82 / Patnaik et Tefferi 2018, Am J Hematol 93:824 / Such et al. 2013, Blood 121;3005 / Valent et al. 2019, Haematologica haematol.2019.222059 / Elena et al. 2016, Blood 128:1408

V. a. CMML

Ü-Schein Muster 10 mit folgenden Angaben

  • Diagnose/Verdachtsdiagnose: CMML (ICD-10 Code:[C93.1])
  • Auftrag: Zytomorphologie, Chromosomenanalyse, FISH-Analyse, CMML-Panel, Einzelmarker-Analyse (Nennung des Markers notwendig), humangenetisches Gutachten

Zytogenetische Analyse:
mind. 5 ml Heparin-Knochenmark/-Blut

Molekulargenetische Analyse:
3 ml EDTA-Knochenmark/-Blut

Zytomorphologie: 2-5 Tage
Chromosomenanalyse: 5-7 Tage
FISH-Analyse: 1 Tag
Panel/Einzelmarker-Analyse: ca. 5-7 Tage