Myelodysplastische/myeloproliferative Neoplasie mit Neutrophilie (MDS/MPN-N)

Dipl.-Ing. (FH) Tanja Hinrichsen

Wissenschaftlicher Hintergrund

Die myelodysplastische/meyloproliferative Neoplasie mit Neutrophilie (MDS/MPN-N), ehemals atypische chronische myeloische Leukämie (aCML), ist eine sehr seltene leukämische Erkrankung mit sowohl myelodysplastischen als auch myeloproliferativen Eigenschaften zum Diagnosezeitpunkt. Sie ist charakterisiert durch eine Leukozytose und Anwesenheit unreifer Granulozyten, inklusive Blasten, Promyelozyten und Myelozyten, die etwa 10-20% der Leukozyten im peripheren Blut ausmachen. Typischerweise finden sich dysplastische Neutrophile. MDS/MPN-N ist mit einem sehr ungünstigen Krankheitsverlauf assoziiert, etwa 40% der Patienten zeigen eine AML-Transformation. Da MDS/MPN-N der klassischen CML ähnelt, mit dem Unterschied, dass MDS/MPN-N negativ für ein BCR::ABL1-Rearrangement ist, sollte zunächst ein BCR::ABL1-Fusionsgen ausgeschlossen sein. Weiterhin sollte kein Hinweis gemäß WHO auf MPN wie PMF, PV oder ET bzw. auf eine myeloische Neoplasie mit Eosinophilie und definierendem Rearrangement,  CMML oder MDS/MPN mit SF3B1-Variante und Thrombozytose vorliegen.

In 30-40% der Patienten mit MDS/MPN-N finden sich chromosomale Veränderungen, die jedoch nicht spezifisch für MDS/MPN-N und auch bei anderen myeloischen Erkrankungen anzutreffen sind, wie z.B. +8, del(20q) und Isochromosom i(17)(q10).

Die Diagnose MDS/MPN-N kann durch das Vorliegen von Varianten in SETBP1 und/oder ETNK1 unterstützt werden. Weitere Varianten finden sich in ASXL1 (60-80%), TET2 (30-40%) und/oder DNMT3A (<10%) sowie CBL, JAK2, NF1, NRAS, SRSF2, U2AF1, SF3B1, ZRSR2, CUX1, GATA2, RUNX1, EZH2 undSTAG2.

Varianten in CSF3R finden sich in <20% der Patienten und können als Abgrenzung zur chronischen Neutrophilenleukämie (CNL) genutzt werden.

Die allogene Stammzelltransplantation ist derzeit die einzig mögliche kurative Option.

Tabelle: Frequenz von Varianten in MDS/MPN-N, modifiziert nach Schwartz et al. 2019


Literatur

WHO Classification of Tumours Editorial Board. Haematolymphoid tumours [Internet; beta version ahead of print]. Lyon (France): International Agency for Research on Cancer; 2022 [cited 2023 Feb 27]. (WHO classification of tumours series, 5th ed.; vol. 11). Available from: tumourclassification.iarc.who.int/chapters/63. / Schwartz et al. 2019, Blood Rev 33:74

V.a. MDS/MPN-N (aCML)

Ü-Schein Muster 10 mit folgenden Angaben:

  • Diagnose/Verdachtsdiagnose: MDS/MPN-N
    (ICD-10 Code: [C92.2])
  • Auftrag: Chromosomenanalyse, FISH-Analyse,MDS/MPN-N-Panel, Einzelmarker-Analyse (Nennung des Markers notwendig), humangenetisches Gutachten

Zytogenetische Analyse: mind. 5 ml Heparin-Knochenmark/-Blut

Molekulargenetische Analyse: 3 ml EDTA-Knochenmark/-Blut

Chromosomenanalyse: 7-10 Werktage
FISH-Analyse: 1-10 Werktage
Mutationsanalyse: 7-10 Werktage