Harnblasenkarzinom

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Kurzbeschreibung

Das Harnblasenkarzinom ist nach dem Prostatakarzinom der zweithäufigste urologische Tumor, mit signifikant höherem Risiko für Männer. Es entsteht auf zwei Wegen, führend zu nicht-muskelinvasiven oder muskelinvasiven Tumoren, wobei erstere durch Varianten in FGFR3 und HRAS gekennzeichnet sind. Muskelinvasive Blasenkarzinome zeigen häufig inaktivierende Varianten in Tumorsuppressorgenen wie TP53 und RB1. Moderne diagnostische Methoden wie die UroVysion-FISH-Analyse unterstützen die Überwachung und Diagnose dieses Karzinomtyps.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Das Harnblasenkarzinom zählt mit jährlich etwa 30.000 Neuerkrankungen zu den häufigen Malignomen und ist nach dem Prostatakarzinom der zweihäufigste urologische Tumor. Für Männer liegt das mediane Erkrankungsalter bei 73 Jahren, für Frauen bei 75 Jahren, wobei Männer von der Erkrankung dreimal öfter betroffen sind. Somit ist Harnblasenkrebs der vierthäufigste Tumor beim Mann und der neunthäufigste der Frau. Als Risikofaktoren für die Entstehung gelten neben einem genetischen Hintergrund der Umgang mit aromatischen Aminen sowie u.a. Rauchen, chronische Harnblasenentzündungen und Strahlentherapie.

Die meisten Harnblasenkarzinome werden bei Patienten mit makroskopischer Hämaturie diagnostiziert. Es handelt sich in < 90 % der Fälle um Urothelkarzinome mit oftmals multifokalem Auftreten. Harnblasenkarzinome entwickeln sich auf zwei unterschiedlichen Wegen und führen zu nicht-muskelinvasiven Tumoren (NMIBC), die histologisch oft als papillär klassifiziert werden, und nicht-papillären muskelinvasiven Tumoren (MIBC) mit erhöhtem Metastasierungsrisiko. Bei Diagnosestellung sind ca. 75 % aller Blasentumoren auf das Urothel bzw. die Lamina propria begrenzt (~70 % Ta , ~ 20 % T1 , ~ 10 % Tis), ca. 25 % bereits in tiefere Schichten der Blase infiltriert (MIBC ?T2). Initial erfolgt meist eine Urin-Zytologie, gefolgt von der Zystoskopie, die nach wie vor diagnostisch als Goldstandard gilt und etwa 90 % der Läsionen detektieren kann, obwohl es sich hier um eine invasive, unkomfortable Methode handelt. Darauf folgt die transurethrale Resektion des Blasentumors (TURBT). Post-TURBT zeigen 70 % der Patienten mit NMIBC multiple Rückfälle sowie 10-30 % dieser Patienten einen Progress in einen MIBC. Es besteht eine Korrelation zwischen Tumorgrad und Tumorstadium, d.h. oberflächliche Tumoren sind niedergradig, invasive Tumoren hochgradig. Aufgrund der hohen Rezidivneigung der NMIBC sind regelmäßig invasive Kontrolluntersuchungen (Zystoskopie) erforderlich.

NMIBCs sind durch bereits früh in der Pathogenese auftretende aktivierende Varianten in FGFR3 sowie Varianten in HRAS (~10 %) charakterisiert, die zu einer konstitutiven Aktivierung des RAS/MAPK/ERK-Signalwegs führen. Varianten in FGFR3 finden sich in niedrig-gradigen NMIBC in 66 % der Ta und 37 % der T1 Tumore. Die Aktivierung von FGFR3 kann in manchen Fällen durch chromosomale Translokationen erfolgen. Die daraus resultierenden Fusionsgene mit TACC3 oder BAIAP2L1 führen zur Bildung potenter transformierender Onkogene. Der Nachweis von FGFR3-Varianten in Urinsedimenten kann daher als Marker für ein Rezidiv eingesetzt werden. Varianten im Tumorsuppressorgen TSC1 (15 %) sowie in PIK3CA (16-25 %) finden sich ebenfalls in NMIBC, letztere korrelieren oftmals mit Varianten in FGFR3. Desweiteren findet sich in 50 % der Fälle die Deletion von Chromosom 9. Das in 9p21 lokalisierte CDKN2A Gen kodiert für p16 und p14ARF, welche den TP53- als auch den RB1-Signalweg negativ regulieren. Weitere inaktivierende Varianten sind in den Genen STAG2, KDM6A, CREBBP, EP300 und ARID1A beschrieben.

MIBC zeigen vorrangig inaktivierende Varianten in den Tumorsuppressorgenen TP53 (6-20 %) und RB1 (~5 %) sowie Varianten in den Regulatoren dieser Signalwege, wie Amplifikationen von MDM2 und E2F3 und homozygote Deletionen von CDKN2A. Varianten in TSC1 (~10 %), AKT1 und PIK3CA finden sich ebenfalls beim MIBC, allerdings mit einer niedrigeren Frequenz als beim NMIBC. Zusätzlich können RAS Varianten, die Inaktivierung von Genen des NOTCH Signalwegs und Varianten in APC sowie Deletionen in PTEN in einigen Fällen mit MIBC detektiert werden. MIBCs mit Varianten in HER2 zeigen ein gutes Absprechen auf eine neoadjuvante Chemotherapie, während MIBCs mit Varianten in ERCC2 gut auf eine cisplatin-basierte Chemotherapie ansprechen.

Beim metastasierten Urothelkarzinom (mUC) sind von der FDA Checkpoint-Inhibitoren zugelassen. Daten aus klinischen Studien, die zur Zulassung von PD-1- und PD-L1-gerichteten Therapien bei mUC führten, zeigen, dass die alleinige Verwendung der PD-L1-Expression unzureichend und ineffizient ist, um das Ansprechen der Behandlung vorherzusagen. Die Bestimmung der Tumormutationslast (TMB) kann hier unterstützen. So ist eine hohe TMB mit einem Ansprechen auf Checkpoint-Inhibitoren assoziiert.

Bei Patienten mit Urothelkarzinom können Varianten in Genloci nachgewiesen werden, die mit hereditären Tumorerkrankungen und DNA-Mismatch-Reparatur Genen assoziiert sind.

Neben der Deletion 9p21 (CDKN2A) weisen insb. MIBC Tumorzellen häufig eine erhöhte Kopienzahl aller Chromosomen auf, die mittels UroVysion-FISH-Analyse (Chr. 3, 7 und 17, Locus-spezifische Sonde Chr. 9p21) nachgewiesen werden können. Der Test, der eine Sensitivität von 72 % und eine Spezifität von 83 % aufweist, wurde von der FDA zur Unterstützung der Überwachung und Diagnose bei Blasenkrebs zugelassen. Die kombinierte morphologische Auswertung von Urinzytologie und FISH erhöht die diagnostische Sensitivität. Für Erstdiagnose kann bei einer nicht eindeutigen Zytologie somit eine zusätzliche Sicherheit bezüglich des Vorliegens eines Blasenkarzinoms erzielt werden. Im Falle einer Verlaufskontrolle mit zuvor diagnostiziertem Blasenkrebs können ggf. die Untersuchungsintervalle der Zystoskopie bei der Tumornachsorge verkürzt werden. Ein positiver UroVysion-Test ist jedoch nicht beweisend für die Diagnose “Harnblasenkarzinom”.

Literatur

letzte Aktualisierung: 3.11.2023