Reife B-Zell Neoplasien, analog WHO
Dipl.-Ing. (FH) Tanja Hinrichsen, Dr. med. Lisa Peterson
Wissenschaftlicher Hintergrund
Etwa 80-85% der Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) sind B-zellulären Ursprungs. In ihrer aktuellen Klassifikation unterscheidet die WHO bei den reifen B-Zell-Neoplasien entsprechend der Ähnlichkeit zu den physiologischen Stadien der B-Zell-Differenzierung insgesamt 34 Entitäten. Klinisch erfolgt zusätzlich eine Unterteilung der NHL in sogenannte indolente (chronisch progredient) und aggressive Lymphome anhand ihres Spontanverlaufs. Prominentester Vertreter der indolenten Lymphome ist mit einem Anteil von knapp 30% aller reifzelligen B-Zellneoplasien das follikuläre Lymphom (FL) während das diffus-großzellige Lymphom (DLBCL) mit einem Anteil von 37% das am häufigsten diagnostizierte, aggressive B-NHL ist.
Die präzise Unterscheidung der B-Zelllymphome ist die Basis für die Anwendung differenzieller und häufig gezielter (sog. targeted) Therapien. Aufgrund morphologischer Ähnlichkeiten kann die Differentialdiagnostik eine Herausforderung darstellen, daher hat sich in den letzten Jahren eine multiparametrische Herangehensweise etabliert. Wichtige Säulen der initialen Diagnosefindung sind die Zytomorphologie und/oder Histopathologie mit Immunhistochemie und Immunphänotypisierung, also der Untersuchung charakteristischer Oberflächenmarker, die die Linienzugehörigkeit und den Differenzierungsgrad der Zellen anzeigen. Ergänzend erhobene molekulargenetische und zytogenetische Veränderungen haben einen zunehmenden Stellenwert in der differentialdiagnostischen, aber auch prognostischen und prädiktiven Diagnostik bei B-NHL.
Abbildung: Schematisierte Darstellung der B-Zell-Reifung mit charakteristischer Veränderung der Antigenexpression (Immunphänotyp), der Antikörper bzw. B-Zell-Rezeptor-Reifung. Pinkfarbene Balken bezeichnen die Schwerketten-Gene, blaue Balken Leichtketten-Gene , schwarze Punkte somatische Hypermutation (SHM). Der Antigenkontakt erfolgt während der Keimzentrumsreaktion (GC-reaction), mod. nach Swerdlow et al. WHO
Klinisch stellt nach wie vor die 1971 erarbeitete Ann-Arbor-Klassifikation ein wichtiges diagnostisches Instrument dar. Sie bezeichnet die Anzahl und Lokalisation der befallenen Lymphknotenregionen sowie extranodaler Regionen und das Vorliegen von Allgemeinsymptomen. Das Tumorstadium bei Diagnosestellung stellt einen wichtigen prognostischen Faktor dar und ist Bestandteil vieler prognostischer Scores zur Risikostratifizierung vor Therapieeinleitung.
Stadium | Definition |
I | nodaler Befall in einer einzigen Lymphknotenregion |
IE | Vorliegen eines einzigen extralymphatisch lokalisierten Herdes |
II | Befall mehrerer Lymphknotenregionen auf einer Seite des Zwerchfells |
IIE | Vorliegen eines einzigen extralymphatisch lokalisierten Herdes und Befall einer oder mehrerer Lymphknotenregionen auf einer Seite des Zwerchfells |
III | Befall von Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells |
IIIE | Vorliegen eines einzigen extralymphatisch lokalisierten Herdes und Befall einer oder mehrerer Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells |
IV | diffuser Befall eines oder mehrerer extralymphatischer Organe (mehrere lokale Manifestationen in einer extranodalen Lokalisation sowie einer Beteiligung der Leber und/oder des Knochenmarks gelten als diffuser Befall) |
Suffix S | Befall der Milz (gilt als Lymphknoten) |
Zusatz A | keine der unter B definierten Allgemeinsymptome |
Zusatz B | eines oder mehrere der folgenden drei Allgemeinsymptome: nicht anderweitig erklärbares Fieber über 38º C, nicht anderweitig erklärbarer Nachtschweiß mit Wäschewechsel, nicht anderweitig erklärbarer Gewichtsverlust von mehr als 10 % des Körpergewichtes innerhalb von 6 Monaten |
Abbildung: Lymphknotenregionen
In den folgenden Kapiteln werden einige der insgesamt 34 Entitäten gesondert beschrieben, die entweder aufgrund Ihrer Frequenz oder auch diagnostischen Zugänglichkeit einen besonderen Stellenwert in der zytogenetischen und molekulargenetischen Diagnostik haben.
- Chronische lymphatische Leukämie (CLL)
- Diffus großzelliges B-Zell Lymphom, NOS (DLBCL)
- Follikuläre Lymphom (FL)
- Kleinzelliges B-Zell-Lymphom (SLL)
- Lymphoplasmozytisches Lymphom (Morbus Waldenström)
- Mantelzelllymphom (MCL)
- Plasmazellmyelom (Multiples Myelom, Plasmozytom)
- Splenisches Marginalzonen-Lymphom (SMZL)
Literatur
Meissner et al. 2013, Blood 121:3161 / Swerdlow, Campo, Harris, Jaffe, Pileri, Stein, Thiele (Eds), 2017, WHO Classification of Tumours of Haematopoietic and Lymphoid Tissues (Revised 4th edition), Chapter 13 / Largo et al. 2006, Haematol 91:184 / Chen et al. 2006, Blood 107:2477 / Bea et al. 2005, Blood 106:3183
Untersuchungsauftrag
C2 Hämatoonkologie
(4 Seiten, DIN A4)
Reife B-Zell Neoplasien
- Chronische lymphatische Leukämie (CLL)
- Diffus großzelliges B-Zell Lymphom, NOS (DLBCL)
- Follikuläre Lymphom (FL)
- Kleinzelliges B-Zell-Lymphom (SLL)
- Lymphoplasmozytisches Lymphom (Morbus Waldenström)
- Mantelzelllymphom (MCL)
- Plasmazellmyelom (Multiples Myelom, Plasmozytom)
- Splenisches Marginalzonen-Lymphom (SMZL)