Mantelzelllymphom (MCL)

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Kurzbeschreibung

Das Mantelzelllymphom (MCL) ist eine seltene Form des B-Zell-Lymphoms, die etwa 7% der reifen B-Zell-Neoplasien ausmacht und oft einen aggressiven Verlauf mit einer mittleren Überlebenszeit von 3-5 Jahren nimmt. Charakteristisch für MCL ist die Translokation t(11;14)(q13;q32), die zur Überexpression von Cyclin D1 führt. Die Diagnose erfolgt hauptsächlich durch pathohistologische Untersuchungen und den Nachweis von Cyclin D1 sowie genetischen Aberrationen. Für die Behandlung kommen Immunchemotherapien, Bruton-Kinase Inhibitoren, Immunmodulatoren, Proteasominhibitoren und experimentelle Therapien wie CAR-T-Zellen zum Einsatz, wobei die optimale Therapiesequenz in aktuellen Studien erforscht wird.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Das Mantelzelllymphom stellt ca. 7% der reifen B-Zell-Neoplasien. Es zählt histopathologisch zu den zytischen (indolenten) Lymphomen, weist aber häufig einen aggressiven klinischen Verlauf mit einer mittleren Überlebenszeit von 3-5 Jahren auf. In über 95% der Fälle findet sich die Translokation t(11;14)(q13;q32), die zu einem CCND1-IGH-Fusionsgen mit aberranter Überexpression vonCyclin D1 führt. Sie gilt als primäre genetische Veränderung. Hauptmanifestationsort sind die Lymphknoten und die Milz. In ca. 80-90% liegt eine Knochenmarkinfiltration vor, in 20–30% der Fälle werden Lymphomzellen in das periphere Blut ausgeschwemmt. Auch extranodale Manifestationen kommen häufiger als bei anderen indolenten Lymphomen vor (z.B. Darmbefall, Meningeosis lymphomatosa). Dabei erfolgt das klinische Staging, wie bei den anderen Lymphomen, anhand der Ann-Arbor-Klassifikation.

Klinisch erfolgt die Risikoabschätzung nach dem MCL International Prognostic Index (MIPI). Dieser berücksichtigt die klinischen Faktoren wie den Allgemeinzustand und das Alter, LDH- und Leukozytenwerte. Zudem besitzt der Proliferationsmarker Ki67 eine hohe prognostische Relevanz. Für klinische bzw. therapeutische Algorithmen wird eine leukämisch verlaufendenicht-nodale Variante vom aggressiv verlaufenden, high-risk MCL unterschieden. Die aktuelle WHO-Klassifikation unterscheidet 4 morphologische Varianten, aggressiv-blastoid, aggressiv-pleomorph sowie kleinzellige und Marginalzonen-ähnliche morphologische Varianten.

Diagnostik

Die initiale Diagnostik beruht auf der pathohistologischen Untersuchung eines verdächtigen Lymphknotens. Wegweisend ist der immunhistochemische Nachweis einer CyclinD1-Überexpression oder einer Translokation zwischen Chromosom 11 und Chromosom 14, t(11;14) in der Fluoreszenz in situ-Hybridisierung (FISH). Da die Ausbreitungsdiagnostik essentiell in der Behandlung des MCL ist, gehört eine Knochenmarkhistologie und -zytologie zum diagnostischen Workup.

Immunphänotypisch exprimieren die Zellen intensiv sIgM/IgD, häufiger mit einer lambda- als kappa-Restriktion. Sie sind durchgängig positiv für BCL2, zumeist positiv für CD5, FMC7 und CD43. CD23 ist zumeist negativ oder nur schwach positiv. Nukleäres CyklinD1 ist in über 95% der MCL positiv, SOX11 in ca. 90% der Fälle. Auch die Durchflusszytometrie (FACS-Analyse) an peripherem Blut kann bei peripherer Ausschwemmung bzw. leukämischem Verlauf Lymphomzellen anhand ihres charakteristischen Immunphänotyps erkennen.

Neben der FISH, mit der sich die Translokation t(11;14)(q13;q32) nachweisen lässt, ist das daraus resultierende CCND1-IGHFusionsgen in ca. 40% der Fälle auch molekulargenetisch mittels PCR nachweisbar. Insbesondere bei CCND1-negativen Mantelzelllymphomen kann die SOX11-Expression, der eine Rolle in der Pathogenese des MCL zugeschrieben wird, als zusätzlicher molekulargenetischer Marker bestimmt werden. Es findet sich ein klonales IG-Rearrangement, IgVH-Gene sind zumeist gering mutiert oder unmutiert (60-85%). Anhand dieser molekulargenetischen Eigenschaften unterscheidet die aktuelle WHO zwei unterschiedliche Subtypen: Mantelzelllymphome mit unmutiertem/minimal mutiertem IgVH und SOX11-positiven Zellen (klassische MCL, blastoide MCL, pleomorphe MC) gegenüber den SOX11– negativen MCL mit mutiertem IgVH (leukämische/nicht-nodale MCL)Die prognostische Relevanz einer SOX11-Überexpression ist nicht abschließend geklärt. Zusätzlich kommen Varianten in den Genen ATMCCND1, KMT2DNOTCH1/2, CDKN2A und TP53 vor. Einige dieser Varianten (NOTCH1/2, TP53, CDKN2A) scheinen einen Einfluss auf die Prognose zu haben. So sind TP53-Veränderungen und/oder CDKN2A-Deletion (9p-Deletion) mit einer ungünstigeren Prognose verbunden, die Prognose ist bei parallelem Auftreten beider Aberrationen noch schlechter.

Abbildung: molekularer Pathogenese Mantelzelllymphom, mod. nach Dreyling et al. 2017; PB = peripheres Blut, KM = Knochenmark

Zytogenetisch sind die Mantelzelllymphome neben der bereits erwähnten, charakteristischen t(11;14) durch eine große Anzahl sekundärer Veränderungen gekennzeichnet: Zugewinne von 3q26, 7p21 und 8q24 sowie Verluste von 1p13-p31, 6q23-q27, 9p21, 11q22.3, 13q11-q13, 13q14-q24 und 17p13 sowie eine Trisomie von Chromosom 12. Eine t(8;14)(q24;q32) und variante MYC-Translokationen kommen in seltenen Fällen vor, diese sind mit einem aggressiven klinischen Verlauf assoziiert. Auch BCL6-Translokationen sind nur selten beschrieben, dann mit BCL6-Expression. Ein komplexer Karyotyp, TP53-Alterationen (Deletionen, Überexpression, Varianten) sind ebenso mit einer schlechteren Prognose assoziiert.

Beim Mantelzelllymphom kommen neben gut etablierten Immunchemotherapien (Anti-CD20-Ak Rituximab) eine Reihe neuerer therapeutischer Substanzen zum Einsatz. Neben den Bruton-Kinase Inhibitoren Ibrutinib und Acalabrutinib der Immunmodulator Lenalidomid, Proteasominhibitoren (Bortezomib) und BCL2-Hemmer (Venetoclax). Auch die Möglichkeit einer Immuntherapie mit CAR-T-Zellen wird geprüft. Die optimalen therapeutischen Sequenzen und Kombinationen sind Gegenstand aktueller Studien, daher sollte die Behandlung, wenn immer möglich, im Rahmen klinischer Studien erfolgen.

Literatur

letzte Aktualisierung: 3.11.2023