Follikuläres Lymphom (FL)

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Kurzbeschreibung

Das follikuläre Lymphom (FL) ist ein häufiges, indolent verlaufendes Lymphom, das sich aus Keimzentrums-B-Zellen entwickelt und oft mit Lymphknotenvergrößerungen einhergeht. Die Diagnose erfolgt histopathologisch, wobei typische Merkmale wie die Überexpression des BCL-2 Proteins aufgrund einer Translokation t(14;18) sowie spezifische Immunphänotypen und genetische Veränderungen, darunter Verluste und Zugewinne auf mehreren Chromosomen, identifiziert werden. Die Erkrankung variiert in ihrem Verlauf, abhängig vom histopathologischen Grading und klinischen Stadium, und sie kann in ein aggressiveres Lymphom transformieren. Derzeitige Therapien umfassen Chemotherapeutika und neue Ansätze wie Anti-CD20-Antikörper und PI3K-Inhibitoren.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Das Follikuläre Lymphom macht etwa 20% der lymphoiden Neoplasien und gut 30% der reifen B-NHL aus und ist somit das häufigste indolent verlaufende Lymphom. Es entsteht aus  Keimzentrums-B-Zellen (Zentrozyten und Zentroblasten) und manifestiert sich klinisch vor allem mit persistierenden und/oder progredienten, meist schmerzlosen Lymphknotenvergrößerungen. Im Falle einer Knochenmarkbeteiligung (40-70% bei Erstdiagnose) kann eine Beeinträchtigung der Hämatopoese mit Anämie, Thrombozytopenie, Neutropenie und Hypogammaglobulinämie auftreten. Extralymphatische Infiltrate (z.B. HNO-Bereich, Gastrointestinaltrakt) können vorkommen.

Der Krankheitsverlauf ist variabel und vor allem abhängig vom histopathologischen Grading und dem klinischen Stadium der Erkrankung. Das Grading richtet sich v.a. nach dem Anteil der Zentroblasten pro High Power Field. Follikuläre Lymphome Grad 1-3A werden als indolent betrachtet während Follikuläre Lymphome Grad 3B als aggressive Lymphome betrachtet und entsprechend behandelt werden. Die klinische Stadieneinteilung folgt der Ann-Arbor-Klassifikation (siehe Reife B-Zell Neoplasien).

Als Risikostratifizierung bzw. Prognosescore hat sich international der sogenannte Follicular Lymphoma International Prognostic Index, kurz FLIP-I, durchgesetzt. In diesen Score gehen vornehmlich klinisch messbare Parameter ein (Anzahl der befallenen Lymphknotenregionen, LDH-Erhöhung, Alter, Stadium, Hämoglobinlevel). Die sich hieraus ergebenden drei Strata (niedrig/intermediär/hoch) geben die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs nach Therapie bzw. die statistische 10-Jahres-Überlebensrate an.

Etwa 25-35% der FL transformieren über die Dauer der Erkrankung in ein höhergradiges Lymphom, überwiegend in diffus großzellige Lymphome (DLBCL), mit einem Risiko von 3%/Jahr.

Follicular Lymphoma International Prognostic Index (FLIP-Index)
Risikofaktoren
> 4 befallene Lymphknotenregionen
LDH-Erhöhung
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Diagnostik

Die Diagnose wird histopathologisch anhand eines betroffenen Lymphknotens gestellt. Es gibt keine charakteristischen Laborveränderungen, die LDH ist in 70% der Patienten normwertig, stellt aber bei Erhöhung einen Risikofaktor dar.

Immunphänotypisch exprimieren die Tumorzellen sIgM +/- IgD, IgG, und die B-Zell Antigene CD19, CD20, CD22, CD79a. Zudem exprimieren sie häufig BCL2, BCL6, und CD10. CD5 und CD43 sind typischerweise negativ. Einige Grad IIIB FL sind negativ für CD10 bei BCL6-Positivität.

Zytogenetisch ist bei etwa 90% der Patienten mit FL Grad I und II eine balancierte Translokation zwischen dem Immunoglobulin-Schwerketten-Gen auf Chromosom 14 und dem BCL-2 Gen auf Chromosom 18 nachweisbar t(14;18)(q32;q21)(IGH/BCL2) mit Bildung einesIGH-BCL2-Fusionsgens. Dabei finden sich etwa 70% der bekannten Translokationen in der Major Breakpoint Region (MBR) des BCL-2 Lokus. Das IGH-BCL2-Fusionsgen kann in den meisten Fällen auch mittels qualitativer PCR nachgewiesen werden. Es führt zur Überexpression des intakten BCL-2 Proteins und Hemmung der Apoptose, die Folge ist eine längere Überlebenszeit der klonal transformierten Zellen. Die BCL-2 Translokation ist zwar charakteristisch, aber nicht spezifisch für das follikuläre Lymphom, da sie sich auch bei anderen reifen B-Zell-Neoplasien und in niedriger Frequenz sogar in lymphatischen Geweben von gesunden Personen der Allgemeinbevölkerung findet. Bei einer kleinen Subgruppe der Patienten ist das BCL-2 Gen intakt, das bcl-2 Protein in 90% der Fälle dennoch überexprimiert. Zusätzlich finden sich in 90% der Patienten Verluste von 1p, 6q, 10q und 17p sowie Zugewinne von Chromosomen 1, 6p, 7, 8, 12q, X und 18q. Die am häufigsten betroffene Region ist 1p36, die das Gen TNFRSF14-Gen enthält. Veränderungen von 3q27 und/oder BCL6-Rearrangements finden sich in 5-15% der Fälle, vor allem bei FL Grad 3B. In seltenen Fällen tritt zusätzlich zu der BCL2-Translokation eine MYC-Translokation auf (t(8;14)(q24;q32))Diese Kombination hat eine ungünstige klinische Prognose mit hohem Risiko einer Progression und Transformation in ein high-grade B-Zell-Lymphom, bzw. sogenanntes double-hit Lymphom.

Molekulargenetisch finden sich am häufigsten somatische Varianten in BCL2, KMT2D (MLL2), EZH2, EPHA7, CREBBP und TNFRSF14, wobei sich die zunächst angenommene, ungünstige Auswirkung auf die Prognose durch TNFRSF14-Varianten nicht bestätigt hat. Gain-of-function Varianten im EZH2-Gen sind ebenfalls häufig und scheinen ein frühes onkogenes Ereignis darzustellen. Zusätzlich scheinen Treibermutationen in regulatorischen Genen wie CREBBP und KMT2D (MLL2) eine entscheidende Rolle zu spielen und sind somit im Fokus als mögliche therapeutische Ziele. Eine Transformation in höhermaligne Lymphome (DLBCL, Burkitt-like) kommt unter anderem durch die Akkumulation weiterer genetischer Veränderungen mit Inaktivierung von TP53 und CDKN2A und Aktivierung von MYC zustande. Es gibt derzeit einige Bestrebungen, das somatische Mutationsprofil der Lymphome in Prognosescores mit einzubeziehen und somit präzisere Aussagen zum Progressionsrisiko treffen zu können (u.a. m7-FLIPI).

Die Immunglobulinschwer- und -leichtkettengene zeigen klonale Rearrangements beim FL, zudem findet sich eine ausgeprägte somatische Hypermutation in den IGV-Genen. Bislang wurde für den IgVH-Gen-Rearrangement-Status weder eine prädiktive noch eine prognostische Bedeutung gezeigt, er ist aber Gegenstand aktueller Forschung. So konnte kürzlich gezeigt werden, dass FL mit IgVH5-Rearrangements ebenso wie unmutierte FL möglicherweise ein schlechteres klinisches Outcome zeigen. Das IgVH3-48 Gen-Rearrangement ist möglicherweise mit einem höheren Risiko für eine maligne Transformation in ein höhergradiges Lymphom assoziiert.

Auch das den Tumor umgebende Zellmilieu, das sogenannte Microenvironment, scheint eine wichtige Rolle für die Kontrolle bzw. Progression der Lymphome zu spielen und ist Gegenstand aktueller Forschung.

Derzeit kommen neben klassischen Chemotherapeutika an neuen Therapeutika vor allem Anti-CD20-Antikörper (Rituximab, Obinutuzumab, Yttrium-Ibritumomab-Tiuxetan) aber auch PI3K-Inhibitoren (Idelalisib, im Rahmen von Studien auch Copanlisib) zur Anwendung. Es laufen Studien zum Einsatz von Immunmodulatoren.

Literatur

letzte Aktualisierung: 23.4.2024