Schmerzmittel-Therapie
Dipl.-Biol. Birgit Busse
Wissenschaftlicher Hintergrund
Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Schmerzmitteln kann durch die genetische Disposition der Patienten beeinflusst werden.
Opiod-Therapie:
Bei einer Therapie mit bestimmtem Opioiden wie Codein, Tramadol, Oxycodon oder Tilidin besteht die Gefahr einer genetisch bedingten Therapieresistenz oder Intoxikation. Bei den genannten Wirkstoffen handelt es sich um sogenannte Prodrugs, die erst durch die Umwandlung in den aktiven Metaboliten wirksam werden. Für Codein, Tramadol und Oxycodon wird dieser Schritt hauptsächlich von CYP2D6 vermittelt, für Tilidin erfolgt die Aktivierung unter anderem durch CYP2C19. Für beide Enzyme ist sowohl ein langsamer als auch ultraschneller Metabolisierertyp bekannt, der sich auf die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Medikamente auswirken kann.
Eine beeinträchtigte oder fehlende Enzymaktivität kann bei diesen Medikamenten zu einer Therapieresistenz führen, da nicht genügend aktiver Metabolit gebildet wird. Bei Verdacht kann die Untersuchung auf den "langsamen Metabolisierertyp" des fraglichen Enzyms angefordert werden.
Bei einer erhöhten Aktivität des beteiligten Enzyms ensteht in kurzer Zeit ein hoher Wirkspiegel des aktiven Metaboliten Morphin, wodurch eine Intoxikation auftreten kann. Zur Abklärung kann hier die Untersuchung auf den "ultraschnellen Metabolisieretyp" erfolgen.
Therapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSARs, NSAIDs)
Medikamente wie Ibuprofen, Celecoxib, Piroxicam und andere nichtsteroidale Antirheumatika werden unter anderem über CYP2C9 verstoffwechselt. Patienten mit herabgesetzter Enzymaktivität können daher erhöhte Spiegel dieser Wirkstoffe aufweisen, wodurch Unverträglichkeitsreationen auftreten können. Bei bestehendem Verdacht kann die Untersuchung auf den langsamen Metabolisierertyp für CYP2C9 erfolgen. Unwirksamkeiten von NSAIDs sind jedoch nicht molekulargenetisch aufklärbar, da für dieses Enzym derzeit kein ultraschneller Metabolisierertyp bekannt ist.
Literatur
Fachinformationen des jeweiligen Wirkstoffs / Annotation der FDA Label des jeweiligen Wirksstoffs
DPWG Guideline for tramadol and CYP2D6 / DPWG Guideline for oxycodone and CYP2D6 / CPIC bzw. DPWG bzw. CPDNS Guideline for codeine and CYP2D6 / Swenn et al, Clin Pharmacol Ther. 2011; 89(5):662-73. / Grün et al., Br J Clin Pharmacol. 2012;74(5):854-63.
Indikation: V.a. genetisch bedingte Therapieresistenz (langsamer Metabolisierertyp) oder Arzneimittelunverträglichkeit (Ultraschneller Metabolisierertyp) von "Wirkstoff"
Auftrag Therapieresistenz:
- CYP2D6-Genotypisierung (bei Codein, Tramadol, Oxycodon) oder Nachweis des CYP2C19*2 und *3-Allels (bei Tilidin)
Auftrag Arzneimittelunverträglichkeit:
- Nachweis des CYP2D6*XN-Allels (bei Codein, Tramadol, Oxycodon) oder des CYP2C19*17-Allels (Tilidin) oder CYP2C9 (NSAIDs)
Hinweis:
Schriftliche Einwilligungserklärung gemäß GenDG erforderlich
1 ml EDTA-Blut oder Wangenschleimhautabstrich
ca. 2 Wochen
IGeL: keine Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung
Kosteninformationen auf Anfrage
Sequenzanalyse (Exon 1-6, CYP2D6-Gen; CYP2C19*17-Allel)
Long-Range-PCR (CYP2D6*XN)
Hybridisierung mit sequenzspezifischen Sonden (CYP2C19*2/*3-Allel, CYP2C9*2/*3-Allel)