Pharmakogenetische Beratung und diagnostisches Vorgehen

Dipl.-­Biol. Birgit Busse

Pharmakogenetische Beratung

Pharmkogenetische Untersuchungen dienen der Abklärung genetisch bedingter Ursachen für Arzneimittelunverträglichkeiten und Therapieresistenzen. Das diagnostischen Vorgehen sollte neben der Anamnese, die Prüfung von Arzneimittelinteraktionen, ggf. ein Therapeutisches Drugmonitoring (TDM) und bei entsprechender Indikation eine pharmakogenetische Untersuchung beinhalten (vgl. Diagramme diagnostische Pfade). Da insbesondere die Prüfung von Arzneimittelinteraktionen und die Auswahl der relevanten genetischen Diagnostik komplex sein kann, bietet das MVZ Martinsried die Möglichkeit einer kostenfreien ausführlichen pharmakogenetische Beratung im Vorfeld einer Anforderung an. Zudem besteht die Möglichkeit auch nach Erhalt eines Befundes eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Das Zentrum für Humangenetik und Laboratoriumsdiagnostik (MVZ) bietet bereits seit dem Jahr 2001 pharmakogenetische Untersuchungen in der Routinediagnostik an. Seit Einführung der Diagnostik wurde das Leistungsspektrum entsprechend der aktuellen Datenlage kontinuierlich angepasst. Das Angebot der Parameter orientiert sich dabei an der Relevanz für die klinische Anwendung.

Diagnostisches Vorgehen

Zur Klärung der Ursache unerwünschter Arzneimittelwirkungen oder Therapieversagen ist es wichtig zu eruieren, ob sie durch Allergien, Über- oder Unterdosierungserscheinungen und/oder genetische Disposition bedingt ist. Dabei spielt die Anamnese, die Prüfung möglicher Arzneimitteliteraktionen, das Therapeutische Drug Monitoring (TDM) sowie ggf. eine pharmakogenetische Diagnostik eine wichtige Rolle. Ein mögliches Vorgehen zeigen die folgenden diagnostischen Pfade:

Pharmakogenetik FlussdiagrammFlussdiagramm zur pharmakogenetischen Diagnostik bei Arzneimittelunverträglichkeit
Pharmakogenetik FlussdiagrammFlussdiagramm zur pharmakogenetischen Diagnostik bei Therapieversagen
NeinNeinArzneimittelunverträglichkeitKann die Unverträglichkeitauf eine allergische Reaktionzurückgeführt werden?JaNeinWurden im Zeitraum des Auftretens der Arzneimittel-unverträglichkeit mehrere Medikamente eingenommen?JaPrüfung ob die Arzneimittelunverträglichkeitauf eine Interaktion dereingenommenen Medikamentezurückzuführen istEine pharmakogenetische Untersuchung ist bei allergischenReaktionen nicht indiziertWurde eine Interaktion vonMedikamenten festgestellt?JaAlternative Medikation überprüfenum eine Interaktion zu vermeidenbzw. Dosisanpassung prüfenPrüfung welche Enzyme an derVerstoffwechslung des Medikamentsbzw. der Medikamente beteiligt sindSind Enzyme an der Verstoffwechslung beteiligt, diegenetisch untersuchbar sind?JaNeinpharmakogenetischeUntersuchungUrsache der Arzneimittel-unverträglichkeit derzeitnicht aufklärbarMessung des Wirkstoffspiegelsmittels TDMWurde ein zu hoherWirkstoffspiegel nachgewiesen?JaNeinSymptome sind nicht aufÜberdosierungseffektezurückzuführenTherapieversagenPrüfung welche Enzyme an derVerstoffwechslung des Medikamentsbzw. der Medikamente beteiligt sindSind Enzyme an der Verstoffwechslung beteiligt, diegenetisch untersuchbar sind?JaNeinpharmakogenetischeUntersuchungUrsache des Therapieversagensderzeit nicht aufklärbarMessung des Wirkstoffspiegelsmittels TDMWurde ein therapeutischausreichender Wirkstoffspiegelnachgewiesen?Enzymatische Verstoffwechslung nichtursächlich für TherapieversagenLiegt eine Non-Compliancedes Patienten vor?Gespräch mit dem Patientenüber die MedikamenteneinnahmeNeinWurden im Zeitraum des Auftretens des Therapieversagensmehrere Medikamenteeingenommen?JaPrüfung ob dasTherapieversagenauf eine Interaktion dereingenommenen Medikamentezurückzuführen istWurde eine Interaktion vonMedikamenten festgestellt?JaAlternative Medikation überprüfenum eine Interaktion zu vermeidenJaJaNeinNeinNein

Pharmakogenetische Diagnostik

Der prinzipielle Vorteil der pharmakogenetischen Untersuchung besteht darin, dass eine Medikamenteneinnahme nicht nötig ist bzw. keine bestimmter Zeitabstand zur Einnahme zu beachten ist. Daher kann einerseits bereits im Vorfeld einer Therapie abgeschätzt werden, ob die geplante Dosis und Medikation problemlos verordnet werden kann. Andererseits kann der Arzt dem Patienten - anders als für das TDM - zu jeder Zeit Blut entnehmen und zur Analyse schicken. Eine pharmakogenetische Untersuchung des Patienten vor einer geplanten medikamentösen Therapie kann die Gefahr von Nebenwirkungen oder Therapieversagen deutlich reduzieren. Hat der Patient in der Vergangenheit bereits Arzneimittelunverträglichkeiten oder -unwirksamkeiten erfahren, kann untersucht werden, ob diese im Zusammenhang mit genetischen Varianten der Arzneimittel-metabolisierenden Enzyme stehen, um dann ggf. die Dosis an den Metabolisiererstatus anzupassen oder eine alternative Medikation in Betracht zu ziehen. Das Untersuchungsergebnis bleibt lebenslang gültig und kann daher immer wieder zur Therapieplanung für neue Medikamten, die die untersuchten Stoffechselwege benötigen, herangezogen werden. Hintergrundinformationen zum Medikamentenstoffwechsel finden Sie hier.

Abteilung Molekulargenetik

Abteilungsleitung:
Dr. rer. nat. Julia Philippou-Massier

Fachexperten Pharmakogenetik:
Dipl.-Biol. Birgit Busse (wissenschaftliche Leitung)
Dr. rer. biol. hum. Katrin-Janine Goldmann

Kontakt:
Lochhamer Str. 29
82152 Martinsried
Tel.: +49 (0) 89 89 55 78-0
pharmakogenetik@medizinische-genetik.de

Publikationen

Pharmakogenetik und Therapeutisches Drug Monitoring
Diagnostische Bausteine für die individualisierte Therapie
Hrsg. v. Klein, Hanns-Georg und Haen, Ekkehard

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