N-Acetyltransferase-bedingte Arzneimittelunverträglichkeit

Dipl.-Biol. Birgit Busse

Wissenschaftlicher Hintergrund

Die Detoxifizierung von Arzneistoffen und Xenobiotika durch Acetylierung im menschlichen Organismus wird durch die N-Acetyltransferasen NAT1 und NAT2 katalysiert.

Tab.: Arzneistoffe (Auswahl), die einer differentiellen Acetylierung durch NAT2 unterliegen
WirkstoffSubstanzgruppe
AminoglutethimidAnti-Östrogen
AmrinonKardiakum
Clonazepam (Metabolit)Benzodiazepin
DapsonChemotherapeutikum
HydralazinAntihypertensivum
IsoniazidTuberkulostatikum
Nitrazepam (Metabolit)Benzodiazepin
ProcainamidAntiarrhythmikum
SulfasalazinChemotherapeutikum
DiverseSulfonamide

Schon vor über 50 Jahren wurden Unterschiede im Metabolismus des Tuberkulostaticums Isoniazid beobachtet, die durch den Acetyliererstatus des Patienten bedingt sind. Es wird unterschieden zwischen „schnellen“ (RA) „langsamen “ (SA) und "intermediären" (IA) Acetylierertypen. Der Phänotyp des „langsamen Acetylierers“ (SA) ist durch homozygote oder kombiniert-heterozygote Varianten in der kodierenden Region des NAT2-Gens bedingt, wobei vier variante Allele (NAT2*5a/b, *6a, *7a/b, *14a) besonders häufig vorkommen. NAT2-bedingte unerwünschte Arzneimittelwirkungen äußern sich bei "langsamen Acetylierern" z. B. als  periphere Neuropathie unter Isoniazidtherapie oder Hypersensitivität gegenüber Sulfonamiden, sowie bei "schnellen Acetylierern" durch Leukopenie unter der Einnahme von Amonafid, einem chemotherapeutischen Prodrug. Die Prävalenz der varianten NAT2-Allele zeigt starke ethnische Unterschiede: während in Europa 40-70% der Bevölkerung zu den "langsamen Acetylierern" zählen, gehören dieser Gruppe in Nordafrika ca. 90% und in der orientalischen Bevölkerung hingegen nur etwa 10% an.

Literatur

Azuma et al. Eur J Clin Pharmacol. 2013 69:1091 / Kuznetsov et al. 2009, Bioinformatics 25:1185 / Walraven et al. 2008, Curr Drug Metab 9:471 / Sanderson et al. 2007, Am J Epidemiol 166:741 / Rodriguez-Novóa et al. 2006, Pharmacogenomics J 6:245 / Sachse et al. 1997, Am J Hum Genet 60:284

Indikation: 
Arzneimittelunverträglichkeiten unklarer Genese, Isoniazid-Unverträglichkeit, Sulfonamid-Unverträglichkeit

Arbeitsmedizinische Fragestellungen bei erhöhter Schadstoffexposition

Auftrag:
Mutationssuche NAT2-Gen

1 ml EDTA-Blut oder Wangenschleimhautabstrich

IGeL: keine Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung

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