Arzneimittelmetabolismus

Die Enyzme der Cytochrom P450-Superfamilie spielen im Metabolismus von endogenen Substraten, Umweltschadstoffen, kanzerogenen Stoffen und einer Vielzahl von Arzneistoffen eine zentrale Rolle. Die Enzyme werden vorwiegend in der Leber exprimiert und fungieren als Monooxygenasen der Phase-I-Reaktion. Aufgrund von Homologien in der Aminosäuresequenz unterteilt sich die Superfamilie der Cytochrom P450-Gene in 36 Gen-Familien, welche sich wiederum in Subfamilien aufgliedern. Die klinische Bedeutung und Assoziation von genetischen Varianten mit veränderten Enzymaktivitäten von CYP2D6, CYP2C19 und CYP2C9 ist innerhalb dieser Subfamilien gut charakterisiert.

Veränderungen der enzymatischen Aktivität von Phase I- oder Phase II-Enzymen können erworben (z.B. Leberinsuffizienz) oder angeboren sein. Angeborene Veränderungen beruhen auf genetischen Varianten, die zu einer herabgesetzten oder fehlenden Enzymaktivität führen, wodurch Substrate langsamer metabolisiert werden (“Langsamer Metabolisierertyp“). Andererseits sind Genvarianten beschrieben, die zu einer erhöhten Enzymaktivität führen, wodurch die Substrate sehr schnell verstoffwechselt werden (“Ultraschneller Metabolisierertyp“). Der Metabolisierertyp hat Einfluss auf die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Arzneistoffen.

Enyzme

CYP2D6 metabolisiert ca. 20-30% der gebräuchlichsten Arzneistoffe, darunter einen großen Teil der Psychopharmaka und Neuroleptika sowie verschiedene Kardiaka.Zudem vermittelt es die Prodrug-Aktivierung von Tramadol, Oxycodon oder Tamoxifen. Für das Enzym ist sowohl der “langsame Metabolisierertyp” als auch der “ultraschnelle Metabolisierertyp” beschrieben.

CYP2C19 metabolisiert Wirkstoffe wie  Mavacamten, Protonenpumpenhemmer  und verschiedene Psychopharmaka. Zudem vermitteltes die Prodrugaktivierung von Clopidogrel. Darüber hinaus stellt CYP2C19 einen alternativen Stoffwechselweg für CYP2D6-Substrate dar. Für CYP2C19 ist sowohl der “langsame” als auch der “ultraschnelle Metabolisierertyp” beschrieben.

CYP2C9 ist am oxidativen Metabolismus von nichtsteroidalen Antirheumatika (z.B. Diclofenac, Ibuprofen), Antidiabetika, Phenytoin und Cumarinderivaten beteiligt. Für CYP2C9 ist derzeit nur der “langsame Metabolisierertyp” beschrieben.

CYP3A4 ist am oxidativen Metabolismus einer Vielzahl von Medikamenten, endogenen Steroiden und Xenobiotika beteiligt. Für das Enzym sind Allele mit veränderter Enzymaktivität beschrieben. Die erhobenen Daten stammen vorwiegend aus in vitro-Experimenten. Die klinische Relevanz der genetischen Varianten ist nach wie vor nur bedingt geklärt. Eine routinemäßige Diagnostik im CYP3A4-Gen bieten wir daher nur für das CYP3A4*22-Allel an, das derzeit mit einer herabgesetzten Aktivität assoziiert wird. Generell bitten wir um Rücksprache vor Anforderung von CYP3A4-Untersuchungen.

CYP3A5 wird nur in einer Minderheit der Bevölkerung exprimiert. Bis zu 90% der kaukasischen Bevölkerung zählen aufgrund eines Polymorphismus im Gen (CYP3A5*3-Allel) zum “Non-Expressor- Phänotyp” und besitzen eine sehr niedrige CYP3A5-Enzymaktivität. Menschen mit mindestens einem CYP3A5*1-Allel weisen eine erhöhte Expression des Enzyms auf (Expressor-Phänotyp). Dies kann zu unzureichenden Wirkspiegeln von CYP3A5-Substraten und Therapieversagen führen (z.B. Cyclosporin, verschiedene Statine, Psychopharmaka und Chemotherapeutika).

CYP1A2 ist am oxidativen Metabolismus einer Reihe von Arzneistoffen und Umwelttoxinen beteiligt. Das CYP1A2-Enzym ist durch verschiedene Stoffe induzierbar (z.B. Zigarettenrauch),wodurch der Abbau von CYP1A2-Substraten beschleunigt verläuft. Die klinische Relevanz genetischer Varianten ist nach wie vor nur bedingt geklärt. Daher bieten wir nur die Untersuchung des CYP1A2*1F-Allel, das mit einer erhöhten Induzierbarkeit des Enzyms assoziiert ist, in der Routinediagnostik an. Der Nachweis dient der Abklärung niedriger Wirkspiegel von CYP1A2-Substraten. Weitere Diagnostik im CYP1A2-Gen ist nach Rücksprache möglich.