Sehr-Langketten-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Defizienz (VLCADD)
Dr. rer. biol. hum. Katrin Goldmann, Dipl.-Biol. Birgit Busse
Wissenschaftlicher Hintergrund
Die Sehr-Langketten-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Defizienz (VLCADD) gehört neben der Mittelketten-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Defizienz (MCADD) und der Langketten-3-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase-Defizienz (LCHADD) zu den autosomal-rezessiv vererbten Störungen der Fettsäureoxidation. Hierzu zählt auch die Glutarazidurie Typ II bzw. die Multiple-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Defizienz (MADD), eine Störung des Elektronentransfers.
Das Gen ACADVL codiert für das Enzym der sehr langkettigen Acyl-CoA-Dehydrogenase, welches zur Metabolisierung von sehr langkettigen Fettsäuren (z. B. die Ölsäure im Olivenöl) erforderlich ist. Ohne ausreichende Menge dieses Enzyms werden die sehr langkettigen Fettsäuren nicht richtig verstoffwechselt und infolgedessen nicht in Energie umgewandelt. Dies kann zu den charakteristischen Anzeichen und Symptomen wie Lethargie und Hypoglykämie führen. Die sehr langkettigen Fettsäuren oder deren Metabolite, die nur teilweise abgebaut wurden, können sich in Geweben wie Herz, Leber und Muskeln ansammeln und diese schädigen.
Klinisch ist die VLCADD sehr heterogen, lässt sich jedoch in drei Formen einteilen: Bei der schweren infantilen Form, die sich zwischen der Neonatalperiode bis zum ersten Lebensjahr manifestiert, ist die hohe Mortalitätsrate häufig bedingt durch hypoketotische Hypoglykämie, Leberfunktionsstörungen, Kardiomyopathien und Herzrhythmusstörungen. Hypoketotische Hypoglykämie ist auch das Leitsymptom der mittelschweren infantilen/kindlichen Form. Das Manifestationsalter liegt hier zwischen der frühen Neugeborenenzeit bis hin zum frühen Kindesalter. Bei älteren Kindern ab 10 Jahren und jungen Erwachsenen wird die späte myopathische Form manifest. Hier ist lediglich die Muskulatur betroffen. Eine myopathische VLCADD zeigt sich durch Myalgie, Rhabdomyolyse, Belastungsintoleranz oder Myoglobinurie. Fastenperioden, körperliche Belastung, Stress und Kälte oder Hitze sind auslösende Faktoren und sollten vermieden werden.
Letale Verläufe sind möglich, prognostisch haben aufgrund des Neugeborenen-Screenings alle Phänotypen jedoch verbesserte Behandlungsergebnisse. Mildere Formen haben bei Einhaltung der Behandlungspläne eine sehr viel günstigere Prognose. In Deutschland liegt die Prävalenz für eine VLCADD bei ca. 1:50.000.
Literatur
Janeiro et al. 2019, Eur J Pediatr. 178:387 / Vishwanath V.A. 2016, Ann Neurosci 23:51 / Lee B. et Scaglia F. 2015, Inborn errors of metabolism, Oxford University Press / Polinati et al. 2015, Invest Ophthalmol Vis Sci 56:3371 / Matern et al. 2015, GeneReviews® [Internet] / Hoffmann et al. 2014, Pädiatrie: Grundlagen und Praxis 4. Auflage Band 1, Springer Verlag Berlin Heidelberg
Untersuchungsauftrag C4
Stoffwechselerkrankungen / Endokrinologie
(3 Seiten, DIN A4)
V.a. VLCAD-Mangel
Ü-Schein Muster 10 mit folgenden Angaben
- Diagnose: Sehr-Langketten-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Defizienz (VLCADD)
(ICD-10 Code: [E71.3) - Auftrag: Mutationssucheim ACADVL-Gen
Hinweis:
Schriftliche Einwilligungserklärung gemäß GenDG erforderlich
1 ml EDTA-Blut
ca. 2 Wochen