Tay-Sachs-Krankheit

Synonyme: Morbus Tay-Sachs, Tay-Sachssche Krankheit, Tay-Sachs-Syndrom
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Kurzbeschreibung

Morbus Tay-Sachs ist eine autosomal-rezessiv vererbte Störung des Glykosphingolipid-Katabolismus, die durch pathogene Varianten im HEXA-Gen verursacht wird. Diese Varianten führen zu einer herabgesetzten Aktivität des Isozyms A der β-N-Acetylhexosaminidase (HEX A), was zu einer Akkumulation von GM2 in den Nervenzellen des zentralen Nervensystems führt. Es gibt drei Formen mit unterschiedlichen Symptomen und Verläufen, aber alle sind durch neurologische Symptome gekennzeichnet. Vor einer molekulargenetischen Untersuchung des HEXA-Gens sollte eine Enzymaktivitätsbestimmung der β-N-Acetylhexosaminidase erfolgen. Alle Formen des Morbus Tay-Sachs werden autosomal-rezessiv vererbt.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Der Morbus Tay-Sachs (auch Tay-Sachssche Krankheit oder Tay-Sachs-Syndrom) zählt zu den Sphingolipidosen, einer Untergruppe der lysosomalen Speicherkrankheiten. Durch eine herabgesetzte Aktivität des Isozyms A der β-N-Acetylhexosaminidase (HEX A) kommt es zur Störung des Abbaus des Gangliosids GM2 in den Lysosomen. Ursächlich hierfür sind pathogene Varianten im HEXA-Gen. Der Enzymdefekt führt zu einer fortschreitenden Akkumulation von GM2 in den Nervenzellen des zentralen Nervensystems, was zu deren Untergang und einer Demyelinisierung führt. Es werden drei Verlaufsformen unterschieden:

Die klassische Verlaufsform ist gekennzeichnet durch eine fortschreitende Schwäche, einen Verlust der motorischen Fähigkeiten ab einem Alter von drei bis sechs Monaten, eine verminderte visuelle Aufmerksamkeit, eine verstärkte Schreckreaktion und einen kirschroten Fleck auf der Makula als Anzeichen des Untergangs von Makulazellen. Es folgen ein Entwicklungsplateau und der Verlust erlernter Fähigkeiten nach acht bis zehn Monaten bei progredienter Makrozephalie und proportionaler Ventrikelvergrößerung im Alter von etwa 18 Monaten. Krampfanfälle treten regelmäßig im Alter von 12 Monaten mit einer weiteren Verschlechterung im zweiten Lebensjahr auf. Der Tod tritt in der Regel im Alter zwischen zwei und drei Jahren ein, selten wurde ein längeres Überleben bis zum Alter von sieben Jahren beobachtet.

Die subakute juvenile Verlaufsform ist mit normalen Entwicklungsmeilensteinen bis zum Alter von zwei Jahren verbunden. Ab dem 3. bis 11. Lebensjahr fallen erste motorische Einschränkungen wie Koordinationsschwierigkeiten oder ein abnormaler Gang sowie eine Dysarthrie auf. Es folgen weitere Symptome der klassischen Verlaufsform wie der kirschrote Fleck auf der Makula, ein Entwicklungsplateau und Verlust erlernter Fähigkeiten im Rahmen einer globalen Hirnatrophie. Eine progrdiente Spastizität, Dysphagie und Krampfanfälle treten am Ende des ersten Lebensjahrzehnts auf. Der Tod tritt typischerweise innerhalb des zweiten Lebensjahrzehnts ein, meistens durch Aspiration.

Die late-onset Verlaufsform tritt bei älteren Teenagern oder jungen Erwachsenen mit einem langsam fortschreitenden Spektrum neurologischer Symptome auf. Hierzu zählen Schwäche der unteren Extremitäten mit Muskelatrophie, Dysarthrie, Koordinationsstörungen, Zittern, leichte Spastik und/oder Dystonie sowie psychiatrische Manifestationen einschließlich einer akuter Psychose. In der ZNS-Bildgebung zeigt sich eine isolierte Kleinhirnatrophie.

Klinische Variabilität selbst unter betroffenen Mitgliedern derselben Familie wird sowohl bei der subakuten juvenilen als auch bei der late-onset Verlaufsform beobachtet.

Vor einer molekulargenetischen Untersuchung des HEXA-Gens sollte eine Enzymaktivitätsbestimmung der β-N-Acetylhexosaminidase erfolgen. Charakteristisch ist eine fehlende oder weitestgehend fehlende Aktivität des Isozyms A bei normaler oder erhöhter Aktivität des Isozyms B.

Alle Formen des Morbus Tay-Sachs werden autosomal-rezessiv vererbt, d. h. beide Allele müssen betroffen sein, damit sich der Enzymmangel klinisch ausprägt. Es handelt sich um eine seltene Erkrankung mit einer weltweiten Inzidenz von ca. 1:250.000 – 360.000. Bei Ashkenazi-Juden liegt die Inzidenz etwa 100 Mal höher. Die Therapie erfolgt vor allem symptomatisch und besteht aus einer Bereitstellung einer angemessenen Ernährung und Flüssigkeitszufuhr, Behandlung von Infektionskrankheiten, Schutz der Atemwege und Kontrolle von Krampfanfällen. Eine Reihe von medikamentösen Therapien befinden sich derzeit in der Erprobung.

Tay-Sachs-Krankheit
3 Gene
GM2A
HEXA
HEXB


zum Auftrag
Erkrankung
ICD—10
Gen
OMIM—G
Morbus Tay-SachsE75.0HEXA606869
GM2-Gangliosidose, AB-VarianteE75.0GM2A613109
Morbus Tay-Sachs Sandhoff-Krankheit GM2-Gangliosidose Hexosaminidasen A- und B-MangelE75.0HEXB606873
Literatur

letzte Aktualisierung: 4.11.2023