Phenylketonurie (PKU), Hyperphenylalaninämie (HPA)
Dipl.-Biol. Birgit Busse
Wissenschaftlicher Hintergrund
Bei der autosomal-rezessiv vererbten Phenylketonurie (PKU) handelt es sich um die häufigste genetisch bedingte Störung des Aminosäurestoffwechsels (Prävalenz 1:7.500–8.500). Durch einen Defekt der Phenylalaninhydroxylase (PAH) kann die Aminosäure Phenylalanin nicht mehr ausreichend zu Tyrosin verstoffwechselt werden. Es kommt zu einer unphysiologischen Ansammlung von Phenylalanin, die unbehandelt zu einer ausgeprägten Schädigung des Gehirns und dadurch zu einer schweren psychomotorischen Retardierung führt. Die molekulare Ursache findet sich in pathogenen Varianten im PAH-Gen, welches für die Phenylalaninhydroxylase codiert. Es ist eine große Anzahl von Varianten beschrieben, die entweder zu einer reduzierten Enzymaktivität oder zu einem vollständigen Ausfall des Enzyms führen. Dadurch erklärt sich auch die bestehende Genotyp-Phänotyp-Korrelation. Die Kombination zweier "milder Varianten" oder einer "milden" mit einer "schweren Variante" führt in der Regel zu einer milden Hyperphenylalaninämie bzw. milden Phenylketonurie. Die Kombination zweier "schwerer Varianten" führt überwiegend zu einer klassischen Phenylketonurie. Diese Genotyp-Phänotyp-Korrelation ist jedoch nicht immer gegeben, und es sind Varianten beschrieben, die in homozygoter Form zu unterschiedlichen Phänotypen führen können.
Die Therapie der PKU erfolgt über eine strenge phenylalaninarme Diät. Eine weitere Behandlungsmöglichkeit besteht in der Gabe von Tetrahydrobiopterin (BH4), einem Cofaktor der Phenylalaninhydroxylase. In pharmakologischen Dosen vermag Tetrahydrobiopterin die Struktur der fehlgefalteten Phenylalaninhydroxylase zu stabilisieren (molekulares Chaperon) und deren Enzymaktivität zu erhöhen. Ein Großteil der Patienten profitiert von einer BH4-Therapie. Auch bei der Wirksamkeit einer BH4-Therapie gibt es Genotyp-Phänotyp-Korrelationen, die es in vielen Fällen ermöglichen, im Vorfeld das Ansprechen auf die Therapie abzuschätzen.
Die Diagnostik der Phenylketonurie ist Teil des Neugeborenen-Screenings. Bei auffälligem Befund kann die Diagnose molekulargenetisch bestätigt werden. Bei rechtzeitigem Therapiebeginn und Einhaltung der notwendigen Diätmaßnahmen ist die Krankheit gut behandelbar.
Literatur
Regier and Greene CL 2000 [Updated 2017 Jan 5]. In: Adam MP, Ardinger HH, Pagon RA, et al., editors. GeneReviews® [Internet]. Seattle (WA): University of Washington, Seattle; 1993-2019 / Blau 2016 Hum Mutat. ;37(6):508-15 / Zurflüh et al. 2008, Hum Mutat 29:167
Untersuchungsauftrag A1
Humangenetik / Transfusionsmedizin / Pathologie
(8 Seiten, DIN A4)
- V.a. Phenylketonurie
- V.a. Hyperphenylalaninämie
Ü-Schein Muster 10 mit folgenden Angaben
- Ausnahmekennziffer: 32010
- Diagnose: PKU/HPA
(ICD-10 Code: [E70.0], [E70.01]) - Auftrag:
Stufe I: Mutationssuche PAH-Gen
und/oder
Stufe II: MLPA-Analyse PAH-Gen
Hinweis:
Schriftliche Einwilligungserklärung gemäß GenDG erforderlich
1 ml EDTA-Blut
Stufe I: 2-3 Wochen
Stufe II: weitere2 Wochen