Polyzystische Nierenerkrankung, autosomal-rezessive Form (ARPKD)

Dr. rer. nat. Ralf Zarbock

Wissenschaftlicher Hintergrund

Die autosomal rezessive polyzystische Nierenerkrankung (ARPKD) ist eine seltene Form der polyzystischen Nierenerkrankung, die primär von den Sammelrohren ausgeht. Sie tritt bei etwa einer von 20.000 Lebendgeburten auf. Der klassische ARPKD-Phänotyp ist gekennzeichnet durch eine früh einsetzende Erkrankung mit bilateraler Nierenvergrößerung und Beeinträchtigung der Nierenfunktion sowie einer kongenitalen Leberfibrose mit Entwicklung einer portalen Hypertension sowie einer Dilatation der Gallengänge mit dem Risiko aszendierender Cholangitiden. Bei etwa 15-37% der beschriebenen ARPKD-Patienten werden gastrointestinale Varizen festgestellt. Eine ARPKD zeigt sich typischerweise bereits in utero oder bei der Geburt und umfasst in den schwersten Fällen die Potter-Sequenz, Oligohydramnion, Lungenhypoplasie und bilateral stark vergrößerte echogene Nieren. Während die Nierenbeteiligung typischerweise früh im Leben im Kindesalter auftritt, zeigt sich die Leberbeteiligung tendenziell später. ARPKD ist im Allgemeinen mit einer verkürzten Lebenserwartung verbunden. Im Falle einer neonatalen Atemwegserkrankung wurde eine Mortalitätsrate von 30-40% beschrieben. Patienten, die die Neugeborenenphase überleben, entwickeln zu etwa 50% innerhalb des ersten Lebensjahrzehnts eine terminale Niereninsuffizienz. Ungeachtet der klassischen neonatalen Präsentation von ARPKD gibt es eine signifikante Variabilität bzgl. Alter bei Krankheitsbeginn und klinischer Symptome, auch intrafamiliär.

Häufigste molekulare Ursache sind pathogene Varianten im PKHD1-Gen. Die Heterozygotenfrequenz in der kaukasischen Bevölkerung beträgt etwa 1:70. Daher ist eine heterozygote PKHD1-Variante ein relativ häufiger Zufallsbefund und bedeutet bei einem betroffenen Patienten nicht unbedingt eine unentdeckte Variante auf dem zweiten Allel. In 13-20% der Fälle werden keine ursächlichen PKHD1-Varianten durch Sequenzierung identifiziert. Genomische Deletionen oder Duplikationen sind selten nachzuweisen. In seltenen Fällen sind ursächliche Veränderungen im DZIP1L-Gen auffindbar. Varianten in zahlreichen anderen Genen, oft aus der Gruppe der Ziliopathien, können ebenfalls einen ARPKD-ähnlichen Genotyp hervorrufen. Darüber hinaus sind sehr früh manifestierende Formen einer ADPKD oder HNF1B-assoziierte Nephropathien zudem als „Phänokopien“ (=Erkrankungen mit anderen molekulargenetischen Ursachen mit ähnlichem Phänotyp) zu nennen.

Literatur

Brugmaier et al. 2019, Sci Rep 9:7919 / Szabó et al. 2018, Pediatr Nephrol 33:1713 / Haumann et al. 2018, medgen 30:422 / Melchionda et al. 2016, J Hum Genet 61:811 / Zvereff et al. 2010, Genet Test Mol Biomarkers 14:505 / Gunay-Aygun et al. 2010, Clin J Am Soc Nephrol 5:972 / Michel-Calemard et al. 2009, Clin Genet 75:203 / Harris and Torres 2009, Annu Rev Med 60:321

V.a. ARPKD

Ü-Schein Muster 10 mit folgenden Angaben

  • Diagnose: ARPKD
    (ICD-10 Code: [Q61.19])
  • Auftrag: Mutationssuche PKHD1, DZIP1L

Hinweis: Schriftliche Einwilligungserklärung gemäß GenDG erforderlich

1 ml EDTA-Blut

Basisdiagnostik: 3-6 Wochen
Erweiterte Diagnostik: auf Anfrage