Pyridoxin-abhängige Epilepsie

Synonyme: -
Material
Untersuchungsdauer
Untersuchungsauftrag
Methode
Standort
Anforderung
Kurzbeschreibung

Die Pyridoxin-abhängige Epilepsie (EPD) ist eine seltene, früh beginnende und autosomal-rezessiv vererbte Form der Epilepsie, die ausschließlich auf Pyridoxin (Vitamin B6) anspricht. Sie manifestiert sich meist neonatal oder bis zum dritten Lebensjahr und zeigt verschiedene Anfallstypen. Die molekulare Ursache liegt in pathogenen Varianten des ALDH7A1-Gens, das für Antiquitin codiert, ein Enzym im Lysin-Katabolismus des ZNS. Die Defizienz dieses Enzyms stört den Neurotransmitter-Metabolismus und führt zu neuronalen Migrationsstörungen. Eine schnelle Besserung der Symptome nach Gabe von Pyridoxin bestätigt die Diagnose, unterstützt durch erhöhte delta-Aminoadipin-Semialdehyd-Konzentrationen in Urin und Plasma.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Die Pyridoxin-abhängige Epilepsie (PDS) ist eine früh beginnende, autosomal-rezessiv vererbte Epilepsie, die auf keines der bekannten Antikonvulsiva anspricht, außer auf Pyridoxin (Vitamin B6). Die Inzidenz wird auf 1:20.000 bis 1:500.000 geschätzt. Meist beginnen die epileptischen Anfälle in den ersten 24 bis 48 Stunden (neonatal) oder bis zum 3. Lebensjahr (late onset). Es können verschiedene Anfallstypen (myoklonisch, atonisch, partial oder generalisiert, infantile Spasmen) auftreten. In der cerebralen Bildgebung sind Ventrikelerweiterung, Rindenatrophie, intrazerebrale Blutungen und/oder Myelinisierungsstörungen sichtbar. Die klinische Diagnose kann bestätigt werden, wenn in Folge einer akuten intravenösen Pyridoxin-Gabe von 100 mg bis zu maximal 500 mg und nach Absetzen der antiepileptischen Medikation die Anfälle unmittelbar unterbrochen werden. Zusätzliche Biomarker, die die Diagnose untermauern, sind erhöhte Konzentrationen von delta-Aminoadipin-Semialdehyd (delta-AASA) im Urin und Plasma sowie erhöhte Konzentrationen von Pipecolinsäure im Plasma und Liquor.

Molekulare Ursache für EPD sind homozygote oder kombiniert heterozygote, pathogene Varianten im ALDH7A1-Gen, das für die alpha-Aminoadipin-Semialdehyd-Dehydrogenase (Antiquitin) codiert. Antiquitin ist am Lysin-Katabolismus im ZNS beteiligt. Antiquitin ist in radialen Gliazellen, Astrozyten und ependymalen Zellen lokalisiert. Eine veränderte Aktivität von Antiquitin führt zu erhöhten Konzentrationen von delta-1-Piperidin-6-Carboxylat (P6C), der Schiff´schen Base von delta-Aminoadipin-Semialdehyd (delta-AASA). P6C inaktiviert wiederum Pyridoxal-5-Phosphat (PLP) und hat einen abnormen Neurotransmitter-Metabolismus zur Folge. Pyridoxal–5-Phosphat, der aktive Metabolit des Pyridoxins, ist Cofaktor der Glutamatdecarboxylase bei der Bildung des inhibitorischen Neurotransmitters gamma-Aminobutyrat (GABA), so dass dessen Mangel zu einem Übergewicht der exzitatorischen Neurotransmitter führt. Antiquitin-Defizienz führt u.a. zu neuronalen Migrationsstörungen. Mehr als 95% aller pathogenen ALDH7A1-Varianten sind Punktmutationen, die zu Aminosäure-Substitutionen oder vorzeitigem translationalen Stop der Proteinbiosynthese führen. Genomische Deletionen wurden bisher nur in Einzelfällen beschrieben. Die Variante p.Glu399Gln repräsentiert 33% aller veränderten Allele. Es gibt keine klare Genotyp-Phänotyp-Korrelation. Missense-Varianten mit Restaktivität des Enzyms scheinen aber günstigere Entwicklungsprognosen zu haben.

Pyridoxin-abhängige Epilepsie
1 Gen
ALDH7A1


zum Auftrag
Erkrankung
ICD—10
Gen
OMIM—G
Pyridoxin-abhängige EpilepsieG40.8ALDH7A1107323
Literatur

letzte Aktualisierung: 11.11.2023