Ataxien, spinocerebelläre autosomal-dominante (SCA)
'Triplett-Repeat-Erkrankungen'
Dr. rer. biol. hum. Soheyla Chahrokh-Zadeh
Wissenschaftlicher Hintergrund
Bei den autosomal-dominant vererbten spinocerebellären Ataxien (ADCA) handelt es sich um eine klinisch und genetisch heterogene Gruppe von Erkrankungen, die mehr als 40 Unterformen einschließt. Die Prävalenz wird auf 0.001–0.005% geschätzt. Die genetische Ursache ist noch nicht bei allen Formen aufgeklärt. Allen gemeinsam ist das klinische Leitsymptom der progredienten Ataxie. Neben der Gangunsicherheit können Störungen von Okulomotorik und Sprache, Rumpf- und Extremitätenataxie, Intentionstremor sowie zusätzliche neurologische Symptome auftreten. Das Manifestationsalter liegt meist zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Die Erkrankung kann aber auch in der Kindheit oder nach der 6. Dekade beginnen.
Die häufigsten Formen betreffen die Polyglutamin-(PolyQ)-Expansions-Erkrankungen ATXN1/SCA1, ATXN2/SCA2, ATXN3/SCA3, CACNA1A/SCA6, ATXN7/SCA7, TBP/SCA17 und ATN1/DRPLA. Sie werden durch pathologische CAG-Triplett-Repeat-Expansionen innerhalb verschiedener Gene verursacht. Wie bei anderen Triplett-Repeat-Erkrankungen wird auch bei den SCAs innerhalb der Familien eine Antizipation, d.h. eine Vorverlagerung des Erkrankungsalters und ein schwererer Verlauf in aufeinanderfolgenden Generationen, beobachtet.
Je nach klinischer Manifestetion unterscheidet man drei Typen:
ADCA Typ 1: Cerebelläre Ataxie kombiniert mit Ophthalmoplegie, Demenz, extrapyramidalen Zeichen, optische Atrophie und Amyotrophie.
Eine Form der ADCA Typ 1 betrifft SCA17. Sie ist phänotypisch variabler und komplexer. Aufgrund des breiten klinischen Spektrums kann SCA17 andere neurodegenerative Erkrankungen wie Chorea Huntington, Morbus Parkinson und andere Bewegungsstörungen und zerebelläre Erkrankungen vortäuschen, es sind auch Patienten mit ausschließlich psychiatrischen Symptomen (Demenz, bipolare Psychose, Paranoia u.a.) ohne Ataxie oder Bewegungsstörungen beschrieben. Aufgrund der Ähnlichkeit der klinischen Erscheinungen zur Chorea Huntington hat man u.a. für SCA17 die Bezeichnung „Huntington‘s Disease-like 4 syndrome (HDL4)“ eingeführt. Eine Zuordnung bei nicht eindeutiger klinischer Symptomatik kann durch die molekulargenetische Diagnostik versucht werden.
ADCA Typ 2: Hier gibt es nur SCA7, charakterisiert durch progressive Cerebelläre Ataxie und Retinadegeneration.
ADCA Typ 3: Wird als 'pure' Cerebelläre Ataxie betrachtet, deren häufigste Form SCA6 ist.
Literatur
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Untersuchungsauftrag A1
Humangenetik / Transfusionsmedizin / Pathologie
(8 Seiten, DIN A4)
V.a. und DD spinocerebelläre Ataxie
Ü-Schein Muster 10 mit folgenden Angaben
- Diagnose: SCA
(ICD-10 Code: [G11.9]) - Auftrag:
Bestimmung Triplett-Repeat-Anzahl ATXN (1 und/oder 2,3,7)-, CACNA1A-, TBP-Gen
Hinweis:
Schriftliche Einwilligungserklärung gemäß GenDG erforderlich
2-5 ml EDTA-Blut
2-3 Wochen