Ataxie, Friedreich'sche (FRDA1)
Dr. rer. biol. hum. Soheyla Chahrokh-Zadeh
Wissenschaftlicher Hintergrund
Die Friedreich’sche Ataxie ist die häufigste autosomal-rezessiv vererbte Ataxie mit einer Prävalenz von ca. 1:20.000 (in Süd-Westeuropa) bis zu 1:250.000 (im Norden und Osten Europas). Erste Symptome treten meist vor dem 20. Lebensjahr auf. Zu den Leitsymptomen zählen progrediente Gangataxie, Dysarthrie, Nystagmus, Hohlfuß (Friedreich-Fuß), vorwiegend sensorische Neuropathie mit Auffälligkeiten in der Elektrophysiologie, fehlende Muskeleigenreflexe, Pyramidenbahnzeichen. Im Verlauf wird oft eine anfangs hypertrophe, später auch dilatative Kardiomyopathie beobachtet. Nicht selten ist der Visus durch eine Opticusatrophie beeinträchtigt, während Hörstörungen bei weniger als 10% beobachtet werden. Die kognitiven Fähigkeiten sind meist nicht beeinträchtigt, bei ca. 30% der Betroffenen entwickelt sich ein Diabetes mellitus. Neuropathologisch zeigt sich v.a. eine Degeneration der dorsalen Bahnen, des Tractus spinocerebellaris und der sensorischen Neuronen der Hinterwurzelzellen. Der Tod tritt meist im 4. Lebensjahrzehnt ein, oft infolge der Kardiomyopathie oder infolge der beeinträchtigten Hirnstammfunktionen.
Die Erkrankung wird durch eine GAA-Triplett-Repeat-Expansion im Intron 1 des FXN-Gens verursacht. Normalpersonen tragen ca. 7-33 GAA-Repeats. Bei gesunden Prämutationsträgern können 34-65 nicht unterbrochene GAA-Tripletts nachgewiesen werden, welche sich bei der Weitergabe an die nächste Generation verlängern können. Erkrankte weisen 66 bis ca. 1.700 Repeats auf. In über 95%-98% der Fälle wird die Erkrankung durch zwei Allele mit der GAA-Triplett-Repeat-Expansion verursacht, während bei ca. 2-3% die Expansion auf einem und eine Punktmutation, seltener eine Deletion auf dem anderen FXN-Allel ursächlich ist. Durch die GAA-Expansion wird die Expression von Frataxin reduziert, einem Protein, welches an der mitochondrialen Eisenhomöostase beteiligt ist.
Literatur
Cook et al. 2017, Br Med Bull.; 124:19 / Bürk, 2017, Cerebellum Ataxias; 4: 4 / Schulz et al. 2009, Nat Rev Neurol 5:222 / Pandolfo et al. 2009, J Neurol 256:Suppl 1 / Wilson 2006, Semin Pediatr Neurol 13:166 / Delatycki et al. 2000, J Med Genet 37:1 / Montermini et al. 1997, Hum Mol Genet 6:1261 / Dürr et al. 1996, New Eng J Med 335:1169 / Campuzano et al. 1996, Science 271:1423
Untersuchungsauftrag A1
Humangenetik / Transfusionsmedizin / Pathologie
(8 Seiten, DIN A4)
V.a. Friedreich’sche Ataxie, DD Ataxie, Analyse des Überträgerstatus
Ü-Schein Muster 10 mit folgenden Angaben
- Diagnose: FRDA
(ICD-10 Code: [G11.1]) - Auftrag: Bestimmung Triplett-Repeat-Anzahl FXN-Gen
Hinweis:
Schriftliche Einwilligungserklärung gemäß GenDG erforderlich
2-5 ml EDTA-Blut
2 Wochen
Stufe I: Fragmentlängenanalyse und TP-(triplett-primed) PCR
Stufe II: Longrange-PCR und Gelelektrophorese