Hypokaliämische Periodische Paralyse (HypoPP)

Dr. rer. biol. hum. Soheyla Chahrokh-Zadeh, M. Sc. Anna Munzig

Wissenschaftlicher Hintergrund

Die autosomal-dominant vererbten primären periodischen Paralysen sind charakterisiert durch reversible episodische Muskelschwäche und intermittierende Myotonie. Anfallsartige Lähmungen bilden sich innerhalb von wenigen Stunden bis einigen Tagen zurück, wobei die Atemmuskulatur weniger betroffen und das Bewusstsein und die Sprache immer ungestört sind. Verantwortlich sind Fehlfunktionen in muskulären Ionenkanälen (Natrium-, Calcium-, Kalium-Kanäle), die die Aktivität der Myozyten steuern. Die Muskelschwäche kann mit Veränderungen des Serum-Kaliumspiegels einhergehen und in eine hyper- bzw. hypokaliämische periodische Paralyse differenziert werden. Eine klinische Unterscheidung anhand des Serum-Kalium, welches während des Auftretens der Symptome bestimmt werden muss, ist jedoch nicht immer möglich.

Die häufigste Form ist die hypokaliämische periodische Paralyse (Prävalenz: 1:100.000). Die eine Stunde bis Tage andauernde Lähmung aller Extremitäten wird von einem Abfall des Serum-Kaliumspiegels unter 3mmol/L (Referenzwert: 3,5-5mmol/L) begleitet. Die Ausprägung der Lähmung kann - von einer leichten Schwäche bis zu einer kompletten Lähmung der Extremitäten - sehr variabel sein. Die ersten Symptome treten meist vor dem 20. Lebensjahr auf, wobei die Anfallshäufigkeit zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr ein Maximum erreicht. Auslöser für die Anfälle sind unter anderem kohlenhydratreiche Mahlzeiten, Stress, Alkoholkonsum oder körperliche Anstrengung. In sehr schweren Fällen kann sich im späteren Verlauf der Erkrankung eine anhaltende Schwäche der Gliedergürtelmuskulatur entwickeln.

Bei ca. 60% der Patienten mit HypoPP können pathogene Varianten im CACNA1S-Gen nachgewiesen werden. Dieses Gen codiert für  die alpha-1-Untereinheit des muskulären spannungsgesteuerten Calcium-Kanals CaV1.1, der überwiegend im Skelettmuskel und der Retina exprimiert wird. Mutationen in diesem Gen sind ebenfalls mit einer Prädisposition für maligne Hyperthermie assoziiert. In ca. 10% der HypoPP- Fälle findet man pathogene Varianten im SCN4A-Gen.

Literatur

Fialho et al. 2018, Handb Clin Neurol 148:505 / Statland et al. 2018 Muscle Nerve 57:522 / Statland et al. 2013, Continuum (Minneap Minn) 19 (6 Muscle Disease):1598 / Matthews et al. 2010, J Physiol 588:1879 / Striessnig et al. 2010, Pflugers Arch 460:361 / Rayan & Hanna 2010, Curr Op in Neur 23:466

V.a. und DD hypokaliämische periodische Paralyse

Ü-Schein Muster 10 mit folgenden Angaben

  • Diagnose: V.a. hypokaliämische periodische Paralyse (ICD-10 Code: [G72.3])
  • Auftrag: Mutationssuche CACNA1S,SCN4A, KCNJ2

Hinweis:
Schriftliche Einwilligungserklärung gemäß GenDG erforderlich

1 ml EDTA-Blut