Sichelzellanämie (SA)

Dipl.-Biol. Birgit Busse, Dipl.-Biol. Wolfgang Rupprecht

Wissenschaftlicher Hintergrund

Die Sichelzellanämie ist  neben der α-Thalassämie die häufigste Hämoglobinopathie in West- und Ost-Afrika, Saudi-Arabien, Iran, Zentralindien und Nordmalaysia. Wie auch bei den Thalassämien stimmt die geographische Ausbreitung der Erkrankung mit den Endemiegebieten der Malaria weitgehend überein. Das vorherrschende HbS (Hämoglobin S) bildet nach Sauerstoffabgabe, unter Sauerstoffmangel oder bei Azidose Aggregate, wodurch die Erythrozyten an Plastizität verlieren und eine sichelartige Form annehmen. HbS-Erythrozyten sind weitgehend resistent gegen Malaria-Plasmodien, wodurch sich ein Selektionsvorteil und die Häufigkeit der heterozygoten Anlageträger in den betroffenen Ländern erklärt.

Sichelzellen können in den kleineren Blutgefäßen verklumpen und so zu Infarzierungen verschiedener Organe mit z.T. heftigen Schmerzattacken führen. Häufig sind Milzinfarkte, die über einen längeren Verlauf zur Fibrosierung und Schrumpfung führen. Durch den Funktionsverlust der Milz sind die Patienten erheblich infektionsgefährdet. Außerdem werden die veränderten Zellen vermehrt in Leber und Milz abgefangen und abgebaut, was zu einer chronisch-hämolytischen Anämie führt.

Die ersten Symptome treten bereits im Alter von wenigen Monaten auf, wenn an die Stelle des HbF zunehmend das HbA0 treten sollte, das bei Betroffenen durch HbS ersetzt wird. Eine Persistenz des HbF bzw. ein hoher bleibender HbF-Gehalt (über 10%) hat eine protektive Wirkung, was durch Medikamente, die den HbF-Gehalt des Blutes steigern, auch therapeutisch genutzt wird. Außerdem werden Transfusionen verabreicht. Eine kausale Therapie ist bisher nur durch eine Knochenmarktransplantation möglich. Die Sichelzellanämie folgt einem autosomal-rezessiven Erbgang, weswegen die Symptome nur bei Homozygotie für das HbS (homozygote Sichelzellkrankheit, HbSS) oder bei Compound-Heterozygotie von HbS mit β-Thalassämie bzw. anderen Varianten des β-Globins auftreten. Die molekulargenetische Ursache der Sichelzellanämie liegt in einer pathogenen Variante im β-Globin-Gen (HBB), durch die die Aminosäure Glutaminsäure an Position 6 des Proteins durch Valin ersetzt wird.

Die hämatologische Untersuchung zum Nachweis einer Sichelzellanämie ist Teil des Neugeborenen Screenings. Die molekulargenetische Analyse kann die Diagnose beim Kind sichern und eröffnet zudem die Möglichkeit die Analgeträgerschaft der Eltern zur Bestimmung eines (Wiederholungs)Risiko für weitere gemeinsame Nachkkommen zu bestimmten.

Literatur

Bender MA. Sickle Cell Disease. 2003 Sep 15 [Updated 2017 Aug 17]. In: Adam MP, Ardinger HH, Pagon RA, et al., editors. GeneReviews® [Internet]. Seattle (WA): University of Washington, Seattle; 1993-2019 / AWMF Leitlinie Sichezellkrankhet Registernummer 025 - 016

V.a. und DD Sichelzellanämie

Ü-Schein Muster 10 mit folgenden Angaben

  • Diagnose: Sichelzellanämie
    (ICD-10 Code: [D57.0], [D57.3])
  • Auftrag:
    Stufe I: Blutbild, Hb-Differenzierung
    und/oder
    Stufe II: HBB-E7V Mutationsnachweis

Hinweis:
Schriftliche Einwilligungserklärung gemäß GenDG erforderlich

Stufe I (Hämatologie): 5 ml EDTA-Blut
Stufe II (Molekulargenetik): 1 ml EDTA-Blut

Stufe I: 1 Woche
Stufe II: 2 Wochen

Hämatologie: Blutbild, Hb-Differenzierung