Rett-Syndrom (RTT)

Dr. rer. biol. hum. Soheyla Chahrokh-Zadeh, M. Sc. Anna Munzig, Dr. med. Imma Rost

Wissenschaftlicher Hintergrund

Das Rett-Syndrom ist eine X-chromosomal-dominante neurodegenerative Erkrankung (Häufigkeit 1:10.000), die überwiegend beim weiblichen Geschlecht auftritt. Beim klassischen Verlauf verlieren die Kinder nach zunächst unauffälliger Entwicklung zwischen dem 6. und 18. Lebensmonat bereits erworbene Fähigkeiten, v.a. sinnvolle Handfunktionen, sprachliche Äußerungen und soziale Interaktion. Ein Leitsymptom ist die Entwicklung stereotyper Handbewegungen. Weitere Symptome sind verzögertes Wachstum, Mikrozephalie, Gangataxie, Episoden von Apnoe oder Hyperpnoe, Schlafstörungen, zunehmende Skoliose und Krampfanfälle. Die wenigen männlichen Betroffenen zeigen überwiegend eine schwere neonatale Enzephalopathie.

Die Erkrankung wird durch pathogene Varianten im MECP2-Gen hervorgerufen, das für ein Protein kodiert, welches an der Regulation der Genexpression durch Methylierung beteiligt ist. Der Schweregrad der Erkrankung wird durch das Muster der X-Inaktivierung und den Mutationstyp beeinflußt. Die meisten pathogenen Varianten entstehen de novo, so dass das Wiederholungsrisiko gering ist. Selten liegt die pathogene Veränderung in Kombination mit einer non-random-X-Inaktivierung bereits bei der klinisch unauffälligen Mutter vor, so dass die Diagnostik bei der Mutter eines betroffenen Kindes indiziert ist. Da in Einzelfällen auch ein Keimzellmosaik beobachtet wurde, kann auch eine Pränataldiagnostik bei fehlendem mütterlichen Mutationsnachweis indiziert sein. Bei wenigen Patienten mit einer nicht-klassischen Form des Rett-Syndroms mit früh einsetzenden Krampfanfällen wurden pathogene Varianten im CDKL5-Gen gefunden (s. Rett-Syndrom, atypisch, frühkindliche Epilepsie).

Literatur

Gold et al. 2018, ACS Chem Neurosci 9:167 / Leonard et al. 2017, Nat Rev Neurol 13: 37 / Temudo et al. 2011, Brain Dev 33:69 / Psoni et al. 2010, Pediatr Res 67:551 / Saunders et al. 2009, Am J Med Genet A 149A:1019 / Hite et al. 2009, Biochem Cell Biol 87:219 / Ghosh et al. 2008, J Biol Chem 283:20523 / Williamson et Christodoulou 2006, Eur J Hum Genet 14:896 / Bienvenu et Chelly 2006, Nat Rev Genet 7:415, Erratum in: 7:583 (2006) / Weaving et al. 2006, Clin Genet 69:1 / Wan et al. 1999, Am J Hum Genet 65:1520 / Rett 1966, Wien Med Wschr, 116:723

  • Mädchen mit V.a. Rett-Syndrom
  • männliche Säuglinge mit unklarer, schwerer Enzephalopahtie
  • Mütter von betroffenen Kindern mit nachgewiesener, pathogener Variante

Ü-Schein Muster 10 mit folgenden Angaben

  • Diagnose: Rett-Syndrom
    (ICD-10 Code: [F84.2])
  • Auftrag:
    Stufe I: Mutationssuche MECP2-Gen
    und/oder
    Stufe II: MLPA-Analyse MECP2-Gen

Hinweis:
Schriftliche Einwilligungserklärung gemäß GenDG erforderlich

1ml EDTA-Blut

Stufe I: 2-3 Wochen
Stufe II: weitere 2 Wochen