Osteoporose

Dr. rer. nat. Christoph Marschall

Wissenschaftlicher Hintergrund

Bei der Osteoporose handelt es sich in der Regel um eine multifaktorielle Erkrankung mit Beteiligung vielfältiger genetischer aber auch exogener Faktoren. Die Knochenstärke nimmt ab dem 30. Lebensjahr um 2-5%/Lebensjahrzehnt ab und beträgt im Alter von 80 Jahren nur noch 50% im Vergleich zu jungen Menschen. Ungefähr 25% der Frauen im Alter von über 70 Jahren sind betroffen. Eine familiäre Häufung wurde vielfach beschrieben. Es sind inzwischen Polymorphismen in über 220 Genen bekannt, die signifikant mit Osteoporose assoziiert sind. Diese erklären allerdings weniger als 20% der BMD-Variabilität. Da es derzeit keine Algorithmen zur akkumulierten Risikoberechnung gibt, ist eine genetische Diagnostik bei der klassischen altersbedingten Osteoporose nicht indiziert.

Im Gegensatz hierzu gibt es seltene früh manifestierende Formen monogener Knochenstoffwechselstörungen mit Osteoporose. Eine genetische Diagnostik von bis zu 13 Genen ist insbesondere sinnvoll bei Osteogenesis imperfecta (OI). Dabei handelt es sich um eine Kollagen-Störung mit einer Prävalenz von 1:10.000. Die OI ist durch zahlreiche Frakturen ohne adäquate Traumata, Osteopenie, Knochendeformität und Wachstumsverzögerung gekennzeichnet. Milde Formen der OI sind gelegentlich schwer zu differenzieren von früh manifestierender isolierter Osteoporose. Die Knochendichtemessung (DXA) ist hier wichtig. Darüber hinaus sollte eine genetische Analyse bei Verdacht auf eine Hypophosphatasie, eine Mineralisierungsstörung der Knochen und Zähne, erfolgen. Die Prävalenz beträgt ca. 1:100.000 und die klinische Symptomatik ist sehr variabel ausgeprägt. Charakteristisch ist eine reduzierte Aktivität der Alkalischen Phosphatase (ALP). Bei der adulten Form, die sowohl autosomal-dominant als auch rezessiv vererbt werden kann, werden typischerweise Stressfrakturen und eine Zahnbeteiligung beobachtet.

Weiterhin gibt es eine früh manifestierende X-chromosomal vererbte Form der Osteoporose mit pathogenen Varianten im PLS3-Gen. Außerdem wurden seltene Varianten im LRP5-Gen als genetische Ursache der Osteoporose mit gelegentlicher Augenbeteiligung beschrieben. LRP5 ist unter anderem an der Regulation der Proliferation der Osteoblasten beteiligt. Seltene Varianten, die zum Funktionsverlust des LRP5-Gens führen, wurden insbesondere im Zusammenhang mit der autosomal-dominant oder -rezessiv vererbten exsudativen Vitreorethinopathie (FEVR) und dem autosomal-rezessiv vererbten Osteoporose-Pseudogliom-Syndrom beschrieben. Wesentlich seltener wurden Varianten bei primärer Osteoporose nachgewiesen. Bei über 75% der Patienten mit früh manifestierender Osteoporose können keine pathogenen genetischen Varianten identifiziert werden.

Literatur

Costantini et al. 2022, J Bone Miner Res 37:1623 / Mäkitie & Zillikens 2022, Calcif Tissue Int 110:546 / Yang et al. 2020, Nat Rev Endocrinol 16:91

V.a. früh manifestierende Osteoporose

Ü-Schein Muster 10 mit folgenden Angaben

  • Diagnose: V.a. früh manifestierende Osteoporose (ICD-10 Code: [M80.5-])
  • Auftrag: molekulargenetische Diagnostik Osteoporose

Hinweis:
Schriftliche Einwilligungserklärung gemäß GenDG erforderlich

1 ml EDTA-Blut