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Präimplantationsdiagnostik (PID) in Deutschland
Aufgrund der Selbstanzeige eines Berliner Reproduktionsmediziners urteilte der Bundesgerichtshofs (BGH) am 6. Juli 2010, dass - entgegen der bisherigen Lesart - eine Präimplantationsdiagnostik (PID) in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen nicht gegen das Embryonenschutzgesetz (ESchG vom 13. Dezember 1990) verstoße, sondern zulässig sei.
Diese höchstrichterliche Entscheidung bewog den Gesetzgeber dazu, das ESchG anzupassen und am 21. November 2011 durch ein Gesetz zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik (PräimpG, §3a des ESchG) zu ergänzen. Damit wurde der Einsatz der PID in Deutschland in engen Grenzen erlaubt. Voraussetzung für eine PID ist demnach, dass ein oder beide Eltern Anlageträger für eine schwere Erbkrankheit sind, oder dass bei einem Elternpaar ein hohes Risiko für Fehl- oder Totgeburten besteht. Die PID soll in Deutschland nur an lizensierten Zentren durchgeführt werden, und jede einzelne Fragestellung muss von einer interdisziplinär zusammengesetzten Ethikkommission überprüft und befürwortet werden. Die Rechtsverordnung (RVO) wurde am 14. November 2012 vom Bundeskabinett beschlossen.
Der Verordnung hat der Bundesrat am 1. Februar 2013 mit einigen wesentlichen Änderungen zum ursprünglichen Entwurf zugestimmt. So sollen die Ethikkommissionen PID-Anträge nicht nur nach den rein medizinischen Aspekten, sondern auch nach psychischen, sozialen und ethischen Gesichtspunkten beurteilen. Die Entscheidungen der Ethikkommissionen müssen mit einer Zweidrittelmehrheit getroffen werden. Die Anzahl der lizensierten PID-Zentren soll gemäß dem Bedarf beschränkt werden. Anträge, die eine PID in einem Bayerischen PID-Zentrum zum Ziel haben, müssen auch von der Bayerischen Ethikkommission begutachtet werden.
In Bayern gilt dasBayerische Ausführungsgesetz zur PID-Verordnung (BayAGPIDV), das am 17. Dezember 2014 in Kraft getreten ist. Mittlerweile wurden die Mitglieder der Bayerischen Ethikkommission berufen und die ersten PID-Zentren vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (STMGP) zugelassen.
Abgesehen von der PID besteht weiterhin die Möglichkeit einer Polkörperdiagnostik (PKD) im Zusammenhang mit künstlicher Befruchtung. Hierbei kann über die Polkörper indirekt das mütterliche Erbgut der Eizelle untersucht werden, nicht aber das väterliche Erbgut. Eine PKD wird sowohl zum Ausschluss von Aneuploidien (v.a. Trisomien) der befruchteten Eizelle durchgeführt, die häufiger in der Eizelle als in der Samenzelle entstehen, als auch bei einer bekannten mütterlichen Chromosomentranslokation, die zu Fehl- oder Totgeburten bzw. Kindern mit einer Chromosomenstörung führen können, wie auch bei schwerwiegenden Erkrankungen, die durch Einzelgenveränderungen (Mutationen) bei der Mutter übertragen werden können. Eine chromosomale Translokation, die beim Vater vorliegt, oder eine Einzelgenerkrankung, die über den Vater vererbt werden kann, kann nur durch die PID untersucht werden.
Die rein technische Schwierigkeit liegt sowohl bei der PKD als auch bei der PID darin, dass nur einzelne Zellen bzw. nur eine kleine Anzahl von Zellen für die Untersuchung zur Verfügung stehen und damit das Ergebnis nicht sofort überprüft und bestätigt werden kann, sondern erst im Rahmen einer eingetretenen Schwangerschaft durch eine Pränataldiagnostik (Chorionzottenbiopsie oder Amniozentese). Die Methoden dieser Einzelzelldiagnostik sind in den Ländern, in denen die PID angewendet wird (z.B. USA, England, Niederlande, Belgien, Türkei), und in Deutschland durch Anwendung der PKD, z.B. auch in unserer Einrichtung, bereits etabliert, validiert und akkreditiert. In unserer Sprechstunde können wie bisher jederzeit Termine zur Genetischen Beratung im Zusammenhang mit einer PID vereinbart werden.
Wichtige Information zum Gendiagnostikgesetz (GenDG)
Am 1. Februar 2010 treten für die humangenetische Diagnostik wesentliche Abschnitte des neuen Gendiagnostikgesetzes (GenDG) in Kraft. Über wichtige Neuerungen, die auch Sie als veranlassende/r Ärztin/Arzt betreffen, möchten wir Sie hiermit informieren.
Das GenDG schreibt vor, dass das beauftragte Labor eine genetische Analyse nur mit vorliegender schriftlicher Einwilligung des Patienten durchführen darf und dass der verantwortliche Arzt den Patienten über Wesen, Bedeutung und Tragweite der jeweiligen Untersuchung aufklären und dies schriftlich dokumentieren muss (Aufklärungspflicht). Wir möchten Sie daher bitten, in Zukunft jedem genetischen Untersuchungsauftrag die schriftliche Einwilligungserklärung des Patienten beizulegen. Die aktuelle Fassung finden Sie hier und zukünftig auf der Rückseite unserer Untersuchungsanträge. Ohne die Einwilligungserklärung des Patienten können wir ab dem 01.02.2010 nicht mit der Untersuchung beginnen.
Das GenDG schreibt weiterhin eine sofortige Vernichtung der Probe nach Abschluss der Diagnostik vor. Da es in Einzelfällen, z.B. bei geplanter Stufendiagnostik, sinnvoll ist, auf eine bereits vorhandene Probe zurückzugreifen, möchten wir Sie bitten, für eine längere Aufbewahrung die Erlaubnis des Patienten bzw. des gesetzlichen Vertreters durch Ankreuzen der vorgesehenen Rubrik auf dem Einwilligungsbogen einzuholen (Wahlmöglichkeit).
Darüber hinaus ist das beauftragte Labor zur Vernichtung der Untersuchungsdaten nach 10 Jahren verpflichtet, es sei denn, der Patient stimmt ausdrücklich einer längeren Aufbewahrung zu. Die Information über eine krankheitsverursachende Mutation ist z.B. bei monogen vererbten Erkrankungen für die spätere Zieldiagnostik bei weiteren Familienmitgliedern für die exakte Risikobeurteilung unabdingbar. Daher bitten wir Sie, den Patienten auf die Wahlmöglichkeit zur längeren Aufbewahrung der Untersuchungsdaten im Rahmen der Einverständniserklärung aufmerksam zu machen.
Gemäß GenDG soll nach jeder diagnostischen genetischen Untersuchung eine Genetische Beratung angeboten werden. Bei prädiktiver Diagnostik, z.B. bei neurodegenerativen Erkrankungen oder erblichen Krebserkrankungen, muss vor und nach Abschluss der Untersuchung eine Genetische Beratung erfolgen. Dies gilt auch für die Pränataldiagnostik. Im Einzelfall kann nach schriftlicher Aufklärung über die Beratungsinhalte schriftlich der Verzicht auf die Beratung erklärt werden.
Weitere Inhalte des GenDG werden noch durch Richtlinien der neuen Gendiagnostik-Kommission präzisiert werden. Der Gesetzestext kann auf der Homepage des Bundesanzeiger-Verlags unter www.bundesgesetzblatt.de (Ausgabe 50 vom 04.08.2009) nachgelesen werden.